Samstag, 23. Februar 2008

All for nothing, Colored Minds, Keep it alive, Predict, the Weight

Review: All for nothing, Colored Minds, Keep it alive, Predict, the Weight am 22.02.2008 im AJZ Leisnig

Es stand also mal wieder ein lauschiger Hardcore-Abend in der alten Nachbarschaft an und eigentlich veranlasste mich nur Predict zum Kommen, den Rest kannte ich nur durch Myspace-Seiten. Jedoch überzeugte mich das dort Gehörte dann endgültig, dass es gut werden würde. Also nichts wie hin.

Etwas erschrocken war ich über stolze 10 Euro Eintritt. Kannte ich so nicht vom AJZ, aber vielleicht sind paar Bands davon ja auch bekannter als ich weiß, keine Ahnung.
Leider war es auch dementsprechend schlecht besucht und ich hab auch kaum bekannte Gesichter unter den Anwesenden entdeckt.

Dafür war es musikalisch um so besser. Auch wenn, wie üblich, im AJZ ohne Papiertaschentuchgehörschutzmaßnahmen nichts ohne das Risiko dauerhafter Schädigung geht...aber das nur am Rande.

The Weight aus Forst (Süd-Brandenburg) legten los und konnten mich auch gleich überzeugen. Angenehme Musik und irgendwie einfach geil...haben uns dann auch gleich das neue erschienene Demo-Tape für die Rückfahrt geleistet und es stellte sich schon erste Befriedigung ein. Endlich mal wieder ein ordentliches HC-Konzert mit relativ niedrigem Bollo-Faktor.

Predict machten da weiter, wo The Weight aufhörten. Viele ehrliche, politische Ansagen und durchweg verdammt fette Musik und sympathische Aussagen. Viel mehr kann ich kaum schreiben...außer vielleicht, das bald ihre erste Demo-CD rauskommt und ich die mir doch gleich holen werde ;-)
Ach ja, und wie für uns Berliner_innen typisch, natürlich am Merch-Stand gleich mit nem dicken Tshirt am Start, aber noch keine Aufnahmen draußen. So muss das sein, hehe...

Danach gings mit den extrem jungen RDL-"Lokalmatadoren" Keep it alive weiter. Nichts Neues, tausend Mal gehört...und immer noch schön! Warum soll denn jede Band das Rad neu erfinden? Die Jungs haben sichtbar Spaß an ihrer Musik und so soll dit ja ooch sein, wa....solider HC vom Szenenachwuchs. Da kommt garantiert noch was Größeres in paar Jahren aus der Ecke.

Das erste Mal wirklich textsicher mitgröhlen konnte ich an diesem Abend allerdings erst beim Intro von Colored Minds. Licht aus und plötzlich dröhnt da "Verdammt ich lieb dich" von Matthias Reim aus den Boxen. Da ich ansonsten auch voll auf Bad-Taste/Trash-Parties stehe, musste mich das natürlich begeistern. Nicht minder gut, ging es dann weiter. Die vier aus Liechtenstein (auch Sachsen) hatten an diesem Abend ihre Record-Release-Show und für meine Begriffe wirkte das alles schon recht professionell, was sie da auf die Beine stellten...zumindest musikalisch. Die Texte auf der Myspace-Seite sind nun nicht gerade das Höchste der Gefühle, aber die versteht mensch ja bei so ner Show eh nich (also schön Scheuklappen anlegen und so...).

Während ihrem Set gab es noch ein kleines Ständchen für ein Geburtstagskind und irgendwann kamen dann auch mehrere noch dick eingepackte Gestalten mit schweren Rucksäcken ins AJZ gestürmt. Die Menschen von All for Nothing aus Rotterdam (NL) haben auf ihrer Fahrt scheinbar etwas länger gebraucht. Krass war dann allerdings im Vergleich zu den anderen Bands, der Grad an Organisiertheit. Da wurden Tonnen an Equipment rangeschleppt, die ganze Bühne umgestaltet und trotzdem gings dann relativ flott los. Auch musikalisch. Dicke Musik routiniert von sympatischen Menschen runtergespielt. Leider waren schon viele Menschen gegangen, so dass es stimmungsmäßig nicht mehr wirklich bergauf ging.
Ach ja, vielleicht sollte ich noch erwähnen, dass All for nothing eine Sängerin haben. Ist ja gerade im HC ne Seltenheit. Auch das Publikum war fast ausschließlich männlich....nun ja. Nix Neues. Und so schön ich die Ansagen gegen Sexismus auch fand, es hat Gründe, dass da fast bloß Typen rumspringen.


Alles in allem ein schöner gediegener Provinz-HC-Abend. Seit Sachsen das Rauchverbot hat und meine bevorzugten Konzertorte fast jedes Mal veganes Essen anbieten ist das noch angenehmer. Gerne wieder.

Nur die Coca-Cola-Produkte stören mich immer noch und werden es wohl auch noch auf absehbare Zeit tun...so blieb ich denn doch bei Wasser, bevor das The Weight-Tape uns über dunkle Landstraßen zurückknüppelten.

Donnerstag, 21. Februar 2008

Senore Matze Rossi und Gaston im Flower-Power Leipzig

20.2.2008 Senore Matze Rossi & Gaston im Flower-Power Leipzig

Bereits viele Wochen zuvor begann das Grübeln. Das Grübeln, dessen Ursprung in jenem unglückseligen Abend seinen Ausgang fand, an dem Senore Matze Rossi zusammen mit Turbostaat im Conne Island (ebenfalls Leipzig) spielten und mich beide Bands so bodenlos enttäuschten. Turbostaat hatte einfach mit dem Major-Deal auch ihre Musik und Textlichkeiten gewandelt, der Matze - D.I.Y. wie eh und je - nur wieder eine härtere Gangart gefunden, die mich nicht für sich zu gewinnen vermochte. Denn sie klang für mich wie ein schlechter Neuaufguss von Tagtraum. Damals.

So stand die Entscheidung im Raum, ihn in Leipzig zu sehen und nur durch Zufall (es sah so aus als wollte niemand mit zu Anti-Flag gehen...) bin ich dann doch schon nach Leipzig gefahren. Es sollte sich lohnen und alle meine vormals getroffenen Einschätzungen über den Haufen werfen.

Als wir eintrafen, stand der Matze vor dem Laden und redete. Ein wenig beklommen verharrend, betraten wir dann das durchaus hübsche kleine "Flower-Power" in der Riemannstraße. Die Decke ist übersäht mit Stoffblumen, an den Wänden psychedelische Motive und eine sehr angenehme (wenn auch nur Pseudo-) Hippie-Atmosphäre. Der Tischkicker wurde kurzerhand zum Merchandise-Stand umfunktioniert und die "Bühne" gleich rechts vom Eingang umfasst eigentlich nur das Schlagzeug und für die drei Gitarrenmenschen genügend Quadratzentimeter zum Stehen.

Es waren nicht zu viele Menschen anwesend, aber auch nicht zu wenige. Genau so wie es eben sein muss.
Die nächste Überraschung war der fehlende Eintritt. Matze für lau inna Kneipe, boar.
Es dauerte nicht lange und die vier standen in den Startlöchern (bzw. haben tollkühne Klettereien über Equipment & Schlagzeug überlebt).

Pause. Tief durchatmen.

Was ich dann erleben sollte, ähnelt stark dem Gefühl, welches ich empfand, als ich ihn das erste Mal sah. Damals kannte ich ihn nur von Tagtraum und bin an jenem unglückseligen Tage nur auf Empfehlung zu dem Konzert gegangen (01.04.2007 im Kato Berlin). Ich wurde von seiner Stimme, seinem Auftreten und seiner ganzen Art einfach nur überwältigt. Es war so unglaublich intensiv, wie wenige Konzerte davor oder danach. Besonders "In Armen" war in seiner Emotionalität damals für mich einfach nur überfordernd. Und gnadenlos wunderschön (ja ja, überkitscht blabla...Kopf, halts Maul!).

Ähnlich ging es mir auch diesmal. Nicht ganz so emotional von meiner Seite aus, aber der Glanz und das Wunderschöne blieben doch - oder besser gesagt - kehrten zurück. Die neuen Lieder wirkten unverhältnismäßig großartiger als das letzte Mal. Nicht nur, weil ich bloß zwei-drei Meter vom Matze wegstand und die Texte großteils verstehen konnte, sondern auch weil der Sound ein ganz anderer war. Keine brutale Stadionbeschallung wie im Conne Island (die vermutlich schon auf Turbostaat abgestimmt war). Auch keine riesige Bühne, kein Rockheld-Habitus, sondern einfach "unser" Senore Matze Rossi & Gaston. Die lieben Musiker von nebenan, die einfach Musik machen, weil sie Freude daran haben. Und die steckt an, garantiert.

Noch ein paar Sätze zu den neuen Liedern. Sie sind - dafür dass mein erster Eindruck so negativ war - erstaunlich gut. Also richtig gut. Oftmals ein kräftiger Schuss alter Punk-Mentalität mit Ansagen a la "D.I.Y. till death" oder einem großen "Fickt euch" an die Leute, die meinen, diese Art von Musik im Allgemeinen und den Matze im Besonderen kritisieren zu müssen ("Ich lasse mir nichts mehr nehmen"). So lange Musik aufrichtig ist und sich auf Herz und Verstand speist, kann sie nicht wirklich schlecht sein. Und das war und ist sie auch nicht. Wird sie wohl auch nie werden.
Ja klar ist das nicht das Höchste der Kunst und Philosophie, manchmal gar recht billig, könnte jetzt eingewandt werden, aber was bedeutet das schon?

Die Lieder gewinnen ihre Schönheit aus ihrer Unmittelbarkeit und nicht aus ihren lyrischen Verrenkungen. Lieber ein "Idiot auf meinem Hügel", der sich eingesteht nicht unfehlbar zu sein, als (pseudo-)intellektuelle "Höhenflüge", die rein gar nichts mit mir und dir zu tun haben (jaja, existenzberechtigt sind sie schon und manchmal mag ich das ja auch...). Nein, so wie der Matze das macht, ist das fein. Ehrlich und (auch wenn ich mir das vielleicht nur einreden mag) auch wieder eine Spur politischer.

Um es kurz zu machen, es war ein unglaublich unglaublich unglaublich schöner Abend. Mit all den alten Liedern, die schon lange im Herz sind und die neuen, die sicherlich auch bald dorthin gelangen werden. Die Hälfte der Lieder sowieso mitgesungen (...und erschrocken als ich merkte, dass ich fast so laut wie der Matze singe) und beglückt nach Hause gegangen.

Aber nicht ohne vorher doch noch ein paar Euro gespendet zu haben und... - ja, ich gestehe - ein Poster signieren zu lassen. Manchmal bin ich eben doch Groupie. Zumindest beim Matze. Aber der ist ja auch toll.

Restlos angenehm und beglückend das Ganze. Ich hoffe, dass es sich finanziell nicht allzu verheerend ausgewirkt hat, das kostenlos zu machen, denn ich fand es so viel schöner. Ich weiß, dass andere Menschen das nicht so sehen, aber mir wäre es unangenehm gewesen ohne Spende zu gehen. Wenn sich solche Denkweisen doch nur ein wenig mehr verbreiten könnten, dann würde nicht ständig dieser Eintrittspreis-Blödsinn über uns schweben und jede_r könnte so viel geben, wie sie_er eben für richtig und wichtig hält.

Egal. Es war großartig. Fünf von Fünf Sternen. Und eine alte Liebe neu entfacht.