Donnerstag, 2. April 2009

Hotelzimmer Inferno im Duncker

Hotelzimmer Inferno hab ich, ganz im herrschenden Zeitgeist, irgendwann mal übers m*space gefunden, ein Add und schon wusste ich Monate später, dass das Konzert in Berlin im Duncker Club für lau stattfinden sollte. Gegenargumentationen gegen so ein Angebot laufen da ja wohl ins Leere. Im Nachhinein hätt ich wohl auch Eintritt bezahlt, hat aber nix mit Logik zu tun, denn - nein, an dieser Stelle kein schlechtes Wortspiel.

Mediotiv (die keinen einzigen Google-Hit liefern), eine reine "Frauenband", zog sich vorher noch deutlich in die Länge und irgendwie fiel es mir auch schwer, dafür eine Schublade zu finden. Wirkten Teile der Ansagen doch durchaus "politisch" und irgendwie auch so ein stückweit den ersten Anführungsstrichen des Absatzes entgegenwirkend, wäre das Prädikat queer im Endeffekt dann doch eher für das Gegenteil von geistiger Gesundheit zu verwenden. Irgendwo zwischen bemühter Jugendlichkeit/Lockerheit und seltsamen Anwandlungen der Sängerin mag das Ganze dann wohl doch deutsch-poppig in der Richtung vom kann-muss-nicht-Monster verortet werden. Vielleicht war das alles auch total gut durchdacht und voll kritisch und super engagiert, aber mir war das einfach zu anstrengend der Sängerin bei Michael Jackson-Posen und dem Sinnieren über die Bedeutung ihrer Strickjacke noch zu folgen und gehe deshalb auch schnell weiter zu dem was folgen sollte...

Hotelzimmer Inferno aus Leipzig (und London, ein Hoch auf die Weltgewandtheit, höhö) bereiteten dann einen Auftritt über den ich sehr gern viel schreiben würde, allerdings schon beim anderen-Menschen-davon-berichten gemerkt hab, dass das gar nicht so einfach ist.

Nun gut, die groben Grundstrukturen: fertig aussehender Schlagzeuger mit Silberjacke und Sonnenbrille, alternder Gitarrist mit Fähigkeiten, vorzeigbarer Bassist mit Emoscheitel und Explosion im hinteren Haarteil und...Frau Grande. Eine Meinung verglich musikalisch mit Hole, eine andere widersprach (weil Hole ja viel geiler sind!!!), Vergleiche hinken eh und dazu kommwa später auch noch...ich weiß nur, was mir die Ohren kaputt macht oder so. Jedenfalls find ich es grad schwierig meinen direkten Eindruck wiederzugeben, da ich mir im Nachhinein den meinungsbildenden Blog des HZI starke Verfälschungen eingefangen hab. Klar ist danach allerdings, dass bei ihnen wirklich alles vom Frau-Grande-Generalstab durchorganisiert wurde.

Die Bühne als konstruierter Raum der totalen Kontrolle und das Konzert als Dekonstruktion/Destruktion bis hin zum wiederum totalen Kontrollverlust. Dazwischen wechselhafte Stationen zwischen Brutalität, Verzweiflung, Punkrock, Lyrik und so weiter. Kapriziös verkörpert von der Figur Frau Grande. Zur Vorstellung, Frau Grande ist ein absatzvergrößertes Wesen, dass materielle Engpässe sowohl körperlicher als auch stofflicher Natur zu einer dominanten Kunstfigur verbindet, welcher das Pendeln zwischen Klischee und Brechung der schönste Zeitvertreib zu sein scheint. In längsgestreifter Strumpfhose und glitzerndem Oberteil kann die dunkle Drama-Queen ihre Auferstehung über den Pöbel feiern. Erhabenheit, Stolz und Unnahbarkeit kennzeichnen sie. Die Nase zu weit emporgereckt, um auch nur von den (leider existierenden) sexistischen Kommentaren merkbar Notiz zu nehmen. Nichts anderes als strikte Unterordnung unter das Programm gilt von nun an...und schon dieser Ausgangspunkt ist der Grundstein des Scheiterns an den Realitäten. Die Schönheitskönigin sieht nur Hässlichkeit in ihrem Spiegel, die Gesellschaft bringt ihr Denk- und Essstörungen, die Spaltungen, Frustrationen und Ängste sitzen tief, doch trotz lebenslang latenter Suizidalität: "du kannst versuchen mich zum kotzen zu bringen, doch dein Finger steckt nicht tief genug in mir drin". Stattdessen: "Ich möchte kein Teil dieser Gesellschaft sein (...) und vor allem nicht wie du."

Die Rosen am Mikrofon werden nach und nach zerrissen, Herzen mit Inschriften auf Vorder- und Rückseite (im Sinne von crack me - crack you, der "Personality Crisis" entnommen) im Publikum verteilt, Wasserfontänen ausgespiehen, Zusammenbrüche simuliert, Punk gemacht.

Musikalisch werden viele Welten durchgeschritten. Von rotzigem Punkrock, untermalt durch eine mindestens ebenso rotzig krächzende Stimme samt zugehörigen Texten über melodischere Stücke, deren Gitarrenläufe wohl nur mich an Die Art erinnert haben dürften, hin zu Balladen und einem Gedicht.

Da jedes weitere Wort sowieso nur verwässern würde, was die vorangegangenen bereits getan haben, kann ich nur hinzufügen, dass ich sehr beeindruckt war und mich irgendwie inspiriert gefühlt habe, von diesem Auftritt. Fünf von fünf oder so...