Samstag, 13. Februar 2010

Störte Hamburg: The Devil in Miss Jones, Klotzs, Hallo Kwitten

Es gibt sie noch. Die Abende an denen einfach alles passt. Nicht sonderlich aufgeregt, auch nicht hektisch oder gar stressig. Dafür laut, intensiv und heiter. In so feinen Läden wie dem Störte kommen sie vermutlich häufiger vor als anderswo.

Kleiner schicker Laden in Hamburg, den mensch beim Betreten schon fast durchschritten hat. Dem dunklen Inneren zwischen Punk und Squat-Charme entsprach auch der angenehme Mischmasch aus Menschen. Vielleicht alles ein bisschen in die Jahre gekommen, aber wen interessiert das schon...

Klotzs. Zum Auftakt den Hauptakt. Kannte die Klotzs bis vor Kurzem nur durch ihre Nähe zum EA80 & Konsorten-Spektrum. Musikalisch kaum. Einzig die überzeugende Strafraum-EP vorher im Rechner "rotieren" gehabt und schon gewusst, dass der Auftritt gut werden könnte. Tja, weit gefehlt - und böse untertrieben. Grad noch ins Gespräch vertieft erschreckte ein Donner die Anwesenden. Ein verwunderter Sänger entschuldigte sich prompt für seinen Synthie und hatte das irgendwie nicht vorhergesehen. Dafür schien er am elektrischen Donner schnell Gefallen zu finden - jedenfalls ging es für die reichlich papiertaschentuchverstopften Ohren donnernd und lärmend in die erste Runde.

Gut gelaunter Ältere-Herren-Punk, der nicht umsonst tief in den dreckigen Ecken der EA80-Schublade rumlungert. Schnelle Stücke, Arschtritte und Hochgeschwindigkeitsansagen inklusive. Politisch gewürzt und zumindest ziemlich scharfzüngig wirkend wurden da so einige Breitseiten abgefeuert. Unter anderem schoss es da auf die Hamburger Hafencity und insgesamt auf die "schönste Stadt der Welt". Das Zitat stammt von einem Hamburger Oldieradio, das um Mitternacht immer die Hamburghymne spielt und - zumindest erscheint es mir so - relativ repräsentativ ist für einen extrem weit verbreiteten Lokalpatriotismus in der Gegend. Seinem "inneren Drang nach Beleidigung" nachgebend, leitete der Sänger damit das neue Lied "Eine Stadt - keine Stadt" ein, welches zu meinem großen Bedauern noch nicht erschienen ist - und wohl auch noch eine Weile auf sich warten lassen wird. Definitiv einer der stärksten Titel des Abends. Ist schon ein merkwürdiges Phänomen wie selbst politisch ambitionierte Menschen, welche Nationen samt Zubehör ablehnen, sich plötzlich so mit ihrem "Kiez" oder noch schlimmer ihrer Stadt identifizieren können. Aber nun ja, wird ja bald ein Lied dagegen geben.

So ging die Zeit schnell mit großteils ebenso schnellen Liedern vorbei und schon waren sie von der Bühne zum Merch-Stand gewechselt. Auch wenn das ein wenig inhaltliches Kriterium der Güteberechnung sein mag, hab ich mir nach ihrem Konzert ihre äußerst hübsch verpackte ".com" geleistet. Eine Mini-CD im Briefumschlagformat, 10 Lieder drauf und mehrere Textblätter - dafür ließ ich sogar die EA80/Die Strafe-EP mit Extra-Konfetti in der Auslage liegen.
Und wenn ich mal ne Platte nach nem Konzert kaufe, ja dann...

Einen Tresenbesuch später:

Hallo Kwitten.
Disfear-T-Shirt, Turbostaat-Schlagzeuger und Motörhead-Stimme stecken die ganz gut ab. So wirklich wissen sie nie, ob es sie noch gibt, bis das Störte mal wieder durchklingelt und dann rotzen sie dem Publikum auch mal wieder ihren mehr Rock als Punk vor die Füße. Meine Kleingruppe und ich kamen schnell zum Ergebnis, dass wir das nicht sooo spannend fanden, was die Jungs da fabrizierten, war eher was für andere Geschmäcker. Aber auch Hallo Kwitten hat mensch die Lust aufs Spielen angesehen (und den ausschweifenden Ansagen/bandinternen Diskussionen angehört ;), so dass auch die klar gingen. Nach Klotzs und vor The Devil in Miss Jones natürlich eher das Einfamilienhaus zwischen den Plattenbauten.

The Devil in Miss Jones.
The Devil in Miss Jones scheinen eines der musikalischen Ventile zu sein, die alles über die Maßen Aberwitzige und Abgedrehte aus EA80 heraus halten und dieses Nebenprojekt des EA80-Sängers Junge zu einem Abenteuerspielplatz für alternde Herrschaften machen. Einzuordnen ist das nicht, es sei denn in "Punk". Was ja bekanntlich alles und nichts heißt. Ewiglange Lieder, die nach Drogentrips klingen, verzerrte Quietschestimmen ("I feel mysterious today..."), "ernste" und melodische Balladen, tanzbarer Rockabilly-Punk, Country (?) und Zeug das direkt in die Fresse schlägt. Mehr als genug Zutaten für eine launige Galanacht der in Vergessenheit geratenen Punk-Freiheiten. Und die Moderatoren waren auch noch gut aufgelegt. Erstaunlich wenige Ansagen, dafür viel Programm samt Zugaben. Eh ich mich hier noch verheddere am Besten mal selbst antesten. Lohnt sich.

Solche Bands/Abende tun gut in einer von allgegenwärtiger Jugendlichkeit in den Subkulturen. Alles ne Spur langsamer und seltener, aber dafür auch 100% dabei.