tag:blogger.com,1999:blog-45778039265360951862024-03-08T09:19:46.811+01:00kling klangtruemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.comBlogger36125tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-47168074476132122152012-03-13T00:49:00.000+01:002010-02-18T18:20:44.810+01:00Das ist der Anfang.Nach unzähligen fehlgeschlagenen Versuchen einen Blog über längere Zeit zu betreiben, habe ich nun beschlossen, einfach mal einen reinen Review-Blog anzulegen. Da ich eh ständig auf irgendwelchen Konzerten herumspringe und meine Eindrücke dann niederschreibe, kann ich die auch mal gesammelt online stellen.<br /><br />Also, alles noch im Aufbau, aber die ersten Berichte sind schon online.<br /><br />Ich habe viele von den alten Berichten einfach übernommen, obwohl sie in ihrer sprachlichen Form oftmals nur mäßig waren. Bei manchen sind auch Notizen dabei, die ich beim neuerlichen Durchschauen hinzugefügt habe und geänderte Meinungen zu Bands und Ereignissen kenntlich machen sollen.<br /><br />Von vielen bleibenden Konzerterinnerungen habe ich leider nie Aufzeichnungen angefertigt, da ich dies gern nachholen würde, werden Reviews, die erst sehr viel später verfasst wurden mit Datum versehen, gepostet wird der Bericht dann aber trotzdem unter dem Tag des Konzertes - der Übersicht halber.<br /><br /><br />Berlin, März 2008truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-74849614537688209552011-01-29T23:00:00.001+01:002011-02-04T01:16:21.154+01:00Manku Kapak in der Scherer 8Lange nichts mehr geschrieben. Wenige Gelegenheiten, viel Mist, Winterschlaf. Nun doch mal wieder aus aktuellem Anlass ein Post.<br /><br />Manku Kapak aus Bremen hab ich im Internet im Zuge des ausgiebigen Hörens von todo para todos (reinhören!) kennen und schätzen gelernt. Viel haben Manku Kapak noch nicht draußen. Meines Wissens nach eine Single und eine Split-Single mit Hauke Henkel. Macht zusammen fünf Lieder(?!). Schubladen auf und zu wäre das wohl irgendwie Screamo. Ruhige, relativ einfache Melodien, Geschrei, Gesprech, dazu ein paar einleitende Samples und ne Melodica. Besonders die Melodica hatte es mir angetan. Liegt vermutlich daran, dass ich mich schon kurz nach meiner Einschulung dafür begeistern konnte und immer noch/wieder eine bei mir herumliegen habe.<br /><br />Also nach kurzem Abwägen nicht Willy Fog im Trickster angeschaut und ab in die Scherer 8. Lange nett gesessen, ging mal wieder endspät los.<br /><br />Erster Eindruck: "Schock" darüber wie jung die drei Manku Kapaks aussahen und im Hinterkopf die eigenen Jahre gezählt. <br /><br />Zweiter Eindruck: Das ist doch Fake! Für einen Augenblick dachte ich doch wirklich die Melodica kommt vom Band. Tatsächlich aber kamen die fies-ziehenden Melodien aus einer ungewohnten Ecke. Die rechte Körperhälfte des Drummers widmete sich dem Schlagzeug, während parallel seine Atemluft und sein Tastendruck in Akustik verwandelt wurden. Der Hammer!<br /><br />Dritter Eindruck: Musikalisch waren die gut drauf, kam den bisherigen Aufnahmen sehr nahe. Dementsprechend haben die Melodien auch live eine ziemlich dichte, oft arg melancholische Stimmung erzeugt - ein Großteil davon wird der molllastigen Melodica anzulasten sein. Mochte ich sehr. <br /><br />Ansagen wie Texten kann mensch vorwerfen, dass sie plakativ wären, engagiert wäre aber ein mindestens genau so passender Ausdruck. Nehmen wir zum Beispiel das Lied ignorie, dessen dramaturgischen Höhepunkt die in der Lautstärke ansteigende Wiederholung des Wortes "Mörder" bildet. Der Rest des Textes:<br /><br /><blockquote>hatte dein essen ein gesicht?<br />wir menschen leben & sterben,<br />aber lassen wir leben? nein, wir töten.<br />woher nimmt ihr das recht anderes leben zu zerstören? (sic)<br />mörder! <br />wir sind doch alle tiere.<br />machtbesessen, domestiziert, geisteskrank.</blockquote><br /><br />Sehr einfach gehalten, direkte moralische Empörung, schlichte Gut/Böse-Trennung. Allen kopflastigen Einsprüchen zum Trotz: für eine Musik deren Wirkung vor allem im emotionalen Bereich anzusiedeln ist, geht das klar. Vielleicht denkt ja wirklich eine_r mal deswegen über die Thematik nach. Und sowieso. <br /><br />Könnte ja alles auch ein wenig mehr "künstlerische Freiheit"-mäßig betrachtet werden. Warum nicht den Vorwurf des "Mörder!" einfach mal weiter fassen als nur "Fleisch: ich lass dich ausbluten für mein Stück Lebenskraft" und eine Universalanklage gegen eine gewalttätige, in vielen Köpfen krass militarisierte Gesellschaft daraus lesen. In diese Kategoriengrube fallen dann all die schikanierenden deutschen Beamten, wie langsam oder schnell sie auch töten. Genauso fallen hinein all die hasserfüllten Gestalten da draußen, die lieber die Bullen rufen, wenn ein Kontrolleur an der Ausübung seines Amtes gehindert wird, als zu begreifen. Kontrolle, Sicherheit, Ordnung. Alles Mörder. Und in ansteigender Lautstärke hallt es hin und her und her und hin bis zum schreien. Bis zum ausrasten. Bis zum begreifen: "das ist die Normalität". Und weiter. "machtbesessen, domestiziert, geisteskrank." <br /><br />Klarstellung: natürlich macht es nicht wirklich Sinn Menschen rein individualisierend Fleisch-/Tierproduktkonsum vorzuwerfen ohne die Strukturen zu denken, die uns alle umfassen, die ganze Scheiße reproduzieren, den Konsum von Leichenteilen als "normal" erscheinen lassen,...<br /> <br />Aber: Ich finds gut, dass es auch nachwachsende Bands gibt, die klar Stellung beziehen. Auch wenn Parolengeklatsche irgendwie uncool ist, "für die Befreiung von Mensch und Tier" ist und bleibt ne schicke Ansage.<br /><br />Zusammengefasst: Schöner Auftritt, hoffentlich machen die als Manku Kapak oder in einer anderen Form noch lange Musik. Da kann noch so einiges draus werden. Ich bin gespannt.<br /><br />P.S. Pausenmusik! Unterschätzt! Als Stimmungsfaktor auf Konzerten! Amanda Woodward und At the Drive-In! Alles richtig gemacht! Ausrufezeichen! Still loving Scherer8!truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-77154661605151225202010-06-06T23:11:00.010+02:002010-06-19T23:29:33.799+02:00Schneller Autos Organisation und die AuflösungDie Schneller Autos Organisation noch ein letztes Mal auf dem Weg durch die Republik zur Wiederauflage ihrer World-LP von 2003. Ein guter Anlass sich die Platte und die Live-Darbietungen einmal genauer anzuschauen. So geschehen am 25.05. im Zoro (Leipzig) und am 28.05. im Schokoladen (Berlin). Und hier.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">"Gib mir eine Sprache, die ich sprechen kann"</span> - mit der deutschen ist das ja immer so eine (mindestens) zweischneidige Angelegenheit. Trotz allem gibt es immer noch einige, die mit ihr umgehen können als wäre das nicht nur Strafe. Schneller Autos Organisation haben in vielen ihrer Texte erreicht, die allgegenwärtige Schwere und den Pathos des Deutschen dahin zu stoßen, wo es Sinn macht: lyrisch anspruchsvolle, schonungslose Fetzen, die selten vollständige Bilder, aber zumeist schon so viel zeigen, als dass sie nicht ohne Schauer auf dem Rücken und nem gemurmelten "Scheiß Welt" zu ertragen wären: <br /><br /><blockquote>Heile Häuser erzählen das weiter: <br />Die Geschichte von den Narben und den Schlägen ins Gesicht. <br />Du bist gefallen auf der Treppe. Immer wieder. <br />In den Jahren mit dem dicken Fell. <br />Schnitte werden länger, auf den Armen und Geschichten werden bunt. <br />Von den Stürzen auf der Treppe, dem heißen Wasser <br />und beim Sport im langen Hemd. Immer wieder.<br />In den Jahren mit dem dicken Fell. <br />Das sind zwanzig Jahre dünne Haut. <br />Und ein paar Worte aus der stummen Zeit. <br />Oder ist da mehr, was man nicht sehen kann? <br />Wie bei den Bunkern, die man den Kriegen baut. <br />Außen dick und innen Angst. </blockquote><br /><br />Der Zynismus ist jedoch nicht ungebrochen. Er ätzt zwar wie er kann und doch scheint die Kritik am Bestehenden, die darin vergraben ist, noch zu atmen. Für mich ist der Höhepunkt ein Lied namens "Klarschiff". Eine Abrechnung mit der Verkulturindustrialisierung der Gegenwart, die natürlich auch die deutsche Vergangenheit nicht unberührt lässt. In jener Gesellschaft, welche (der nicht stattgefundenen Aufarbeitung ihres eigenen Zivilisationsbruchs überdrüssig) ekstatisch zu love & peace & Drogen tanzt, braucht es keinen Schlussstrich - die Kontinuitäten kommen gelegen. Die Love Parade als Anlass zum Lied ist austauschbar. Das betont "Unpolitische", das ausgelassene Feiern, das selbstvergessene Konsumieren, es schlägt immer noch und immer wieder schnell um. Im Zweifelsfall sind eigen und fremd immer noch klar definiert. Nicht nur im Osten. <br /><br /><br /><blockquote><br />Alte Fragen zum Vergessen<br />und neue Platten für die Zeit danach.<br />Von irgendeinem, der den Vorsitz führt<br />über die Jugend, die noch lachen kann.<br />Oder wieder gutes Wetter. <br />Mit neuen Platten das ganze Land<br />beschallen und beklebt.<br />Das macht die Narben weg<br />und alte Melodien, die man nicht tanzen kann.<br />So sehr man sich bewegt.<br /><br />Alte Platten von Auschwitz.<br />Wie die Juden, die es nicht mehr gibt.<br />Zum Vergessen, viel zu sperrig.<br />Ein letzter Gruß an die Kultur und Dr. Motte.<br />Oder ein anderes von den Monstern, <br />das den Vorsitz führt über <br />eine Generation - deine Generation - unsere Generation.</blockquote><br /><br />Musik ist eben nie einfach unpolitisch, sie hat immer einen Kontext. Auch wenn sie zum kollektiven (Selbst-)Vergessen einlädt.<br /><br />Auf der Bühne sieht das dann nach Hamburger Schule aus. Adidas-Sneakers und Bügelfaltenhose. Dazu - zumindest in Leipzig - einige fiese Kommentare und viel viel Musik. Die ist irgendwie auch Hamburg, auch wenn das andere Menschen (Hamburger_innen) manchmal bestreiten. Noch ne Spur krachig-schrammlig, aber doch auch mit Melodie am Anfang und später und so richtig schön im Vergleich von Pankzerkroiza Polpotkin (Vorgängerband), der "World" (erstes Album) und der "Noch mehr Hoffnung für noch mehr Menschen" (zweites/letztes Album) zu sehen. Wer da nur Evolution sieht, hat was falsch gemacht. <br /><br />Die Playlisten fast gleich, war das eingangs zitierte "Ohne mich (aber auch ohne dich)" leider an beiden Abenden erstes Lied und eher ein erweiterter Soundcheck als das überragende Lied, was es auf Silberplatte ist. Meinetwegen unsterblich; die Fahrt durch die kühle Nacht & Provinz; der Soundtrack zum melancholischen Aufbegehren - oder einfach nur <span style="font-style:italic;">top!</span>. Könnte ich ständig auf Repeat hören. Die Sehnsucht des Refrains, der komplette Text, die Musik - eines der ganz wenigen Stücke, die aus gutem Grund nicht mehr aus dem Kopf gehen (und nicht nur stupide Ohrwürmer sind). Ich weiß nicht, ob es wirklich das erste Hören war oder ob ich es unbewusst schon einmal bei einem "Die Charts"-Auftritt gehört habe, aber dit war Zuhause, verdammt nochmal. Jedenfalls, zu schade, dass es das erste Lied war - hätte mehr verdient. Denn später schnellten die Konzerte von der musikalischen Qualität her doch nochmal deutlich in die Höhe. <br /><br /><blockquote><br />(...)<br />noch ein ganzer Gedanke, dann gehen wir<br />und schmeißen uns in einen neuen Tag.<br />In eine neue Welt, einen neuen ausgedachten Job.<br />Ideen fallen vom Himmel<br />und finden ganz woanders statt.<br />(...)<br />Die Sprache tut so, als weiß sie weiter.<br />Ein Auge tut so, als sei es wach.<br />Ich les die Meldung in der Zeitung,<br />und sie sagen: es wird hart.<br />Und der Kopf tut als denkt er nach.<br /><br />Gib mir eine Sehnsucht, die man nicht stillen kann.<br />Gib mir eine Sprache, die ich sprechen kann. <br />Gib mir einen Unterschied, den ich erkennen kann.<br />(...) </blockquote><br /><br />Hauptsächlich Lieder von der "World" fielen von der Bühne in das mal dichter (Berlin), mal weniger dicht (Leipzig) gedrängte Publikum und dementsprechend auch der Platz zum zucken. Merchandise fast schon weggekauft, Instrumente fast schon kaputt gespielt. Und irgendwann dann halt vorbei. Aber große Platten, große Band. Freu mich es so langsam hinzukriegen, nicht nur Bands nach ihrer Auflösung + "nie wieder Konzerte" erleben zu können. Auch wenn die Lieder erst jetzt so wirklich am rotieren sind, die Konzerte bleiben im Kopf und dem Rest.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-5774936981695131932010-02-13T22:30:00.009+01:002010-03-01T23:18:03.785+01:00Störte Hamburg: The Devil in Miss Jones, Klotzs, Hallo KwittenEs gibt sie noch. Die Abende an denen einfach alles passt. Nicht sonderlich aufgeregt, auch nicht hektisch oder gar stressig. Dafür laut, intensiv und heiter. In so feinen Läden wie dem Störte kommen sie vermutlich häufiger vor als anderswo.<br /><br />Kleiner schicker Laden in Hamburg, den mensch beim Betreten schon fast durchschritten hat. Dem dunklen Inneren zwischen Punk und Squat-Charme entsprach auch der angenehme Mischmasch aus Menschen. Vielleicht alles ein bisschen in die Jahre gekommen, aber wen interessiert das schon...<br /><br /><span style="font-weight:bold;">Klotzs.</span> Zum Auftakt den Hauptakt. Kannte die Klotzs bis vor Kurzem nur durch ihre Nähe zum EA80 & Konsorten-Spektrum. Musikalisch kaum. Einzig die überzeugende Strafraum-EP vorher im Rechner "rotieren" gehabt und schon gewusst, dass der Auftritt gut werden könnte. Tja, weit gefehlt - und böse untertrieben. Grad noch ins Gespräch vertieft erschreckte ein Donner die Anwesenden. Ein verwunderter Sänger entschuldigte sich prompt für seinen Synthie und hatte das irgendwie nicht vorhergesehen. Dafür schien er am elektrischen Donner schnell Gefallen zu finden - jedenfalls ging es für die reichlich papiertaschentuchverstopften Ohren donnernd und lärmend in die erste Runde. <br /><br />Gut gelaunter Ältere-Herren-Punk, der nicht umsonst tief in den dreckigen Ecken der EA80-Schublade rumlungert. Schnelle Stücke, Arschtritte und Hochgeschwindigkeitsansagen inklusive. Politisch gewürzt und zumindest ziemlich scharfzüngig wirkend wurden da so einige Breitseiten abgefeuert. Unter anderem schoss es da auf die Hamburger Hafencity und insgesamt auf die "schönste Stadt der Welt". Das Zitat stammt von einem Hamburger Oldieradio, das um Mitternacht immer die Hamburghymne spielt und - zumindest erscheint es mir so - relativ repräsentativ ist für einen extrem weit verbreiteten Lokalpatriotismus in der Gegend. Seinem "inneren Drang nach Beleidigung" nachgebend, leitete der Sänger damit das neue Lied "Eine Stadt - keine Stadt" ein, welches zu meinem großen Bedauern noch nicht erschienen ist - und wohl auch noch eine Weile auf sich warten lassen wird. Definitiv einer der stärksten Titel des Abends. Ist schon ein merkwürdiges Phänomen wie selbst politisch ambitionierte Menschen, welche Nationen samt Zubehör ablehnen, sich plötzlich so mit ihrem "Kiez" oder noch schlimmer ihrer Stadt identifizieren können. Aber nun ja, wird ja bald ein Lied dagegen geben.<br /><br />So ging die Zeit schnell mit großteils ebenso schnellen Liedern vorbei und schon waren sie von der Bühne zum Merch-Stand gewechselt. Auch wenn das ein wenig inhaltliches Kriterium der Güteberechnung sein mag, hab ich mir nach ihrem Konzert ihre äußerst hübsch verpackte ".com" geleistet. Eine Mini-CD im Briefumschlagformat, 10 Lieder drauf und mehrere Textblätter - dafür ließ ich sogar die EA80/Die Strafe-EP mit Extra-Konfetti in der Auslage liegen. <br />Und wenn ich mal ne Platte nach nem Konzert kaufe, ja dann...<br /><br />Einen Tresenbesuch später: <br /> <br /><span style="font-weight:bold;">Hallo Kwitten.</span><br />Disfear-T-Shirt, Turbostaat-Schlagzeuger und Motörhead-Stimme stecken die ganz gut ab. So wirklich wissen sie nie, ob es sie noch gibt, bis das Störte mal wieder durchklingelt und dann rotzen sie dem Publikum auch mal wieder ihren mehr Rock als Punk vor die Füße. Meine Kleingruppe und ich kamen schnell zum Ergebnis, dass wir das nicht sooo spannend fanden, was die Jungs da fabrizierten, war eher was für andere Geschmäcker. Aber auch Hallo Kwitten hat mensch die Lust aufs Spielen angesehen (und den ausschweifenden Ansagen/bandinternen Diskussionen angehört ;), so dass auch die klar gingen. Nach Klotzs und vor The Devil in Miss Jones natürlich eher das Einfamilienhaus zwischen den Plattenbauten.<br /> <br /><span style="font-weight:bold;">The Devil in Miss Jones.</span><br />The Devil in Miss Jones scheinen eines der musikalischen Ventile zu sein, die alles über die Maßen Aberwitzige und Abgedrehte aus EA80 heraus halten und dieses Nebenprojekt des EA80-Sängers Junge zu einem Abenteuerspielplatz für alternde Herrschaften machen. Einzuordnen ist das nicht, es sei denn in "Punk". Was ja bekanntlich alles und nichts heißt. Ewiglange Lieder, die nach Drogentrips klingen, verzerrte Quietschestimmen ("I feel mysterious today..."), "ernste" und melodische Balladen, tanzbarer Rockabilly-Punk, Country (?) und Zeug das direkt in die Fresse schlägt. Mehr als genug Zutaten für eine launige Galanacht der in Vergessenheit geratenen Punk-Freiheiten. Und die Moderatoren waren auch noch gut aufgelegt. Erstaunlich wenige Ansagen, dafür viel Programm samt Zugaben. Eh ich mich hier noch verheddere am Besten mal selbst antesten. Lohnt sich.<br /><br />Solche Bands/Abende tun gut in einer von allgegenwärtiger Jugendlichkeit in den Subkulturen. Alles ne Spur langsamer und seltener, aber dafür auch 100% dabei.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-26766819671877880052009-10-24T22:00:00.000+02:002009-11-21T12:32:32.354+01:00Schlagzeiln-Record Release "Der Complex" in der KöpiSieh an, sieh an. Zweites Album. Gewohntes Niveau, gewohnt gewohnt gewohnt. Naja, nicht ganz. Wie immer paar neue Connections, paar neue Ideen, paar neue Kreativitäten und neue trashig-witzige Samples & eine breite Palette an Lyrics. Fühlt sich schon ganz schön lang her an, als ich die "weiterhin weiter" von Refpolk das erste Mal im Player hatte. Erstes Mal live war kurz davor oder danach. Januar 2007. Irgendwann war dann das erste Album fürn Fünfer zu haben. So richtig mit Booklet und Original-CD und so. Und Köpi bleibt. 2008. Vorher die Versteigerung & die Demonstrationen und ihre Tracks und die Köpi ist geblieben. Groß geworden sindse. Schräges Gefühl. Aber nur zu gönnen, wenns so weiter geht. 3-4 Euro Eintritt, das zweite Album "Der Complex" bei der Record-Release wechselte für weitere 5 wieder die Besitzer_in und so darf das gern auch öfter und bei anderen Crews/Bands/... sein. Fast schon erstaunlich, dass es trotz massiv gestiegener Bekanntheit inhaltlich wieder um die "alten" Sachen geht. Hopper, Zecken, Punks und Sterni - ab und an auch mal ne Bionade, aber das Spektrum ist fein säuberlich abgesteckt. Die Crew ist die Gleiche, Öko-Gangsta-Rap immer noch das Label - arg unpassend, dafür aber einzigartig. Oder so. <br />Deutschland bleibt scheiße & ein Mordskerl ("Deutschland ist ein Athlet"), Nazis auch ("Rosen" - mit Bettina Wegner-Intro, yeah!). Schlimmer könntes immer sein. Sich selbst zu feiern passiert erst, wenn die nächste "Zeckenschwemme" (Hit!) dann auch wirklich mal Wellen schlägt. Naja, oder zumindest nicht mehr ganz so ausführlich und differenzierter ("Meister der Attitüde"). <br /><br />Dass die Köpi dann natürlich auch die Location für die neue Scheibe lieferte - geschenkt. Das AGH rappelvoll. Konzert ging runter wie vegane Butter. Stimmung so ausgelassen, wie die Punkvorstellung eines guten Rap-Konzertes. Saal am Toben als andere Umschreibung. Zwischen Mitsingparts und Beatgeballer einige Gäste und viele alte und neue Kracher. Ich weiß, dass ich voreingenommen bin. Ich weiß, dass ich von Rap nur so viel halte, wie die Texte hergeben. SGZ bleibt da außen vor. Fetter Abend. Von der ersten bis zur letzten Minute.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-82510601925754480432009-09-03T22:30:00.012+02:002010-02-18T18:21:52.388+01:00The warren is empty.Meinem Bericht aus Berlin (A.G.H. in der Köpi) und aus Leipzig (Zoro) möchte ich die Zeilen voranstellen, welche ich bereits zum diesjährigen Fluff Fest über Fall of Efrafa schrieb - damals mein erstes Mal FoE:<br /><br /><span style="font-style:italic;"><blockquote><br />Und dann endlich war es so weit. Der zweite musikalische Hauptgrund aufs Fluff zu fahren, war dran: Fall of Efrafa (UK).<br />Sie haben kein einziges der Lieder gespielt, die ich gern hören wollte. Das Erstaunliche: das war auch total egal. Einfach nur wundervoll. Ein wenig rauher als auf Platte und einige Hintergrundmelodien fehlen natürlich. Aber nichtsdestotrotz atemberaubend und zum tiefen Versinken geeignet.<br /><br />Das was ich bei Tesa über das Politische an solchen Bands geschrieben habe, passt noch besser zu Fall of Efrafa.<br />Fall of Efrafa ist eine reine Konzeptband, die sich vorgenommen hat, in drei Alben Motive aus dem Buch Watership Down zu verarbeiten. Im Zentrum stehen hoch politische, mitunter stark zynische, lyrische Texte, die vor allem von Religion bzw. Atheismus und Veganismus handeln. Naturbeherrschung, zur Religion verklärt, wird nicht (nur) die Erde zerstören, sondern vor allem die Spezies, welche sich selbst als Herrscherin über alle anderen Spezies erhob. Der fundamentale Widerstand gegen diese Herrschaft ist spärlich, aber vorhanden. Und im Endeffekt liegt es (auch) an uns, wie diese Geschichte enden wird.<br /><br />Die Musik ist am besten in eine der "Post-"Schubladen zu stecken, was hauptsächlich Abgrenzung und nicht Inhalt ausdrückt. Denn wie bei vielen anderen des Genres lässt sich die Musik nur schwerlich in wenigen Worten ausdrücken. Schwermütig ist sie - und ernst. Leidvoll, ganz ruhig, getragen und plötzlich wieder das komplette Gegenteil. Ausbrechend und ungehalten. Endzeitlich und doch mit Hoffnungen versehen. Sind diese zu Beginn noch kaum zu sehen, werden sie im Albenverlauf stärker und überwiegen doch nie. Ein ambivalentes Wechselspiel, in dem nie so ganz klar wird, ob das was gerade geschieht, in Positiv oder Negativ zu fassen ist. Nur eines ist für mich sicher, es berührt mich. Und wie es das tut. Auch live. Eine der Bands des Festivals. Ich freu mich auf die Abschiedstour.</blockquote></span><br /><br /><br />In diesen Tagen höre ich wieder oft ihre Einleitung in die Trilogie. "Owsla" scheint bereits mitten im Geschehen zu stehen und alle drei Teile zusammen nur einen Ausschnitt dessen zu sein, was in dieser Geschichte möglich ist. Mittlerweile finde ich, dass nicht das Buch Watership Down den eigentlichen Bezugspunkt darstellt. Vielmehr werden Sphären durchschritten, die sich zwar mit Bildern einer solchen Geschichte schmücken, aber als eigenständiges Stück Kunst/Leben/was auch immer eine eigene Geschichte überliefern. Auch wenn es genre-technisch schwierig ist, die späteren Alben zuzuordnen,ist Owsla für mich die Vollendung dessen, was einmal als Crust begann. Musikstilistisch zwar deutlich aufgebrochen, bleiben ausnahmsweise mal die Ideale und Inhalte erhalten und schaffen etwas Wundervolles. Die textlich-düstere Endzeit des frühen Crust verschmilzt mit einer Anklage an Herrschaft im Allgemeinen, Speziesismus und christliche "Mach dir die Welt Untertan und alles platt was dir in den Weg kommt weißer Mann"-Auslegungen im Besonderen. Die musikalische Komplettverweigerung (rumpel-rumpel-knüppel-fauch) verschmilzt mit sensiblen Melodien, welche neben tiefem Leiden auch eine eigene Schönheit und emanzipatorische Gegenentwürfe in feste Formen gießen. Ich frag mich, wie ich die ganze Zeit ohne FoE auskommen konnte und kann es kaum glauben, dass es nur wenige Monate her ist, als ich das erste Mal von ihnen hörte. <br /><br />Aber kommen wir erstmal zu den Konzerten: <br /><br />Am Donnerstag waren sie in der Köpi in Berlin. Mehrere Wochen Vorfreude lagen zu diesem Zeitpunkt hinter mir und selbst die letzte Edel-Cruste der Hauptstadt hat sich für den Abend schick gemacht. Das A.G.H. (der größte Konzertort in der Köpi) war gut gefüllt und ich fragte mich einmal mehr warum ich diese ganzen menschlichen Sammelsurien von politischen Aufnähern nie bei irgendwelchen politischen Aktionen antreffe. Jedenfalls fühlte ich mich ziemlich uncool ohne Parolen und Identitäten auf dem Pullover. Sei's drum - Platz direkt vor der Bühne ergattert und homogene schwarze Masse im Rücken gehabt. Die Setlist von FoE war an beiden Abenden die gleiche, deshalb spring ich gleich mal rüber zum Zoro und matsch die musikalischen Sachen dann zusammen. <br /><br />Den Freitag dann endlich mal wieder Leipzig mit allem drum und dran plus dazugehörige liebe Leipzig-Menschen. Ein bunteres und deutlich sympathischeres Publikum (ey, da waren "echte" Punks, mit Nieten und Iros und so! ;), wobei ich mich auch frage, woran genau ich das festmache. Das Zoro war auch mehr als voll und rauchende Leute plus schlechte Lüftung ergaben dann stinkende Sauna ohne die Garantie wirklich noch Sauerstoff in die Lungen zu atmen. Trotz allem drei Vorbands. Den Namen der ersten hab ich vergessen, die zweite hießen Antimaster und sind mir auch kaum im Gedächtnis geblieben. Die dritten waren Witch Hunt aus den USA, geschlechterparitätisch zu viert musikalisch ziemlich toll unterwegs. Guter Anarch@/Crustpunk, abwechslungsreich, wechselnde Sänger_innen, manchmal auch mehrstimmig und sehr zum Mitzappeln animierend. <br /><br />In der Köpi war die Berliner Squat-Musik-Größe Insuiciety vertreten. Mal wieder ein richtig guter Auftritt von denen. Die letzten Konzerte fand ich eher nicht so berauschend, aber diesmal waren sie wieder doomiger und schleppender unterwegs - was ihnen deutlich besser steht. Glaube, die werden immer noch unter Sludge subsummiert. Haben jedenfalls perfekt eingestimmt. November 13th aus Hannover waren auch ziemlich überzeugend. Allerdings waren meine (musiktechnisch deutlich gebildetere) Begleitung und ich beide der Ansicht, dass da was nicht zusammenpasste. Was wohl vor allem daran lag, dass der Drummer sehr schnell und sehr gut war. Vermutlich zu gut. War streckenweise trotzdem sehr schick.<br /><br />Aber eigentlich gings ja um was anderes...auch wenn sie am Freitag angesichts der Luft doch etwas mehr zu kämpfen hatten, war das Niveau der Fall of Efrafa-Auftritte in beiden Fällen sehr hoch. Viel Energie, mehr Präzision und noch mehr Leidenschaft steckten da drin. Allein den mikrofonisch nicht verstärkten Drummer aus voller Kraft mitschreien zu hören - und zu sehen - brennt sich direkt ins Hirn und lässt Gänsehautattacken als einzig logische Konsequenz erscheinen. <br /><br />Meine Ausführungen zu Owsla waren nicht ohne Hintergedanken. Natürlich hatte ich hohe Erwartungen an die Konzerte. Ich wollte sie nicht nur genießen, sondern von vorn bis hinten "drin" sein. Nur die Musik fühlen und alles andere ausblenden. Das gelang mir zunächst nicht, auch wenn Titel wie Simulacrum, The Warren of Snares und Woundwort die besten Qualitäten dazu haben. Gänzlich anders war dies bei den jeweils letzten Liedern "Last but not Least" und "The Fall of Efrafa". Ich hätte mir keinen würdigeren Abschluss vorstellen können. Alle Erwartungen und noch viel mehr lösten sie ein. Wer "The Fall of Efrafa" kennt weiß, dass es mit einem mehrmaligen geschrieen "The warren is empty" endet. Was schon auf der Aufnahme kraftvoll klingt, ist live für mich eine Offenbarung gewesen. Irgendwann schrieb ich mal, dass für mich ein Konzert nur wirklich großartig ist, wenn ich danach völlig leergeschrieen und zerstört bin (oder so ähnlich). Genau dies war beide Male der Fall. Und das leere Kaninchengehege (vielleicht ist dies auch die falsche Übersetzung für warren und es ist der Kaninchenbau) eine schöne, hoffnungsvolle Metapher dafür, dass die Käfige und Knäste eines Tages vielleicht wirklich einmal leer sein mögen. Sie selbst schreiben zu diesem Lied: <span style="font-style:italic;"><blockquote>The song is basically the last desperate effort to overthrow the efrafa. Even when we have nothing left to live for, it is our instinct to survive. Even when we are scared and alone we can muster the energy to make the final charge.</blockquote></span> <br /><br />Für den Heimweg und viele spätere Momente blieb diese Zeile und mit ihr all dessen, was Fall of Efrafa und ihre Musik für mich sind. In der Tiefe und der Dunkelheit, finden Verzweilfung und Untergang ihre Heimstatt. Dem wird jedoch nicht nachgegeben und aus ihnen heraus entsteht das politische Aufbegehren, welches neben einer sensiblen Empathie Ernsthaftigkeit, Stärke und Beharrlichkeit hervorbringt. Vielleicht wird aus diesen Quellen heraus irgendwann einmal eine bessere Welt erstritten werden. Eine zeitgemäße Utopie politischer Emanzipation kommt jedenfalls nicht mehr ohne die Problematisierung von Herrschaft über nichtmenschliche Tiere und der Zerstörung unser eigenen ökologischen Lebensgrundlagen aus. Und sie kann sich nicht davor verschließen, dass der Verrat, welcher mit herrschaftlichen Systemen stets einhergeht, tiefer reicht, als nur bis zu unseren menschlichen Nachbarinnen und Nachbarn.<br /><br />Eine der ganz großen Bands ist damit Geschichte. Aufgelöst auf dem Höhepunkt ihres Wirkens. Bevor sie jemals eine große Zahl an Menschen überhaupt bemerkte. Besser hätte es gar nicht laufen können. Auch wenn ich eigentlich traurig darüber sein müsste, dass dies alles nicht wiederkehren wird.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-12838306329591406922009-07-29T01:36:00.021+02:002009-08-19T21:12:36.604+02:00Fluff Fest 2009 in Rokycany/CZBereits im Vorfeld bekam ich zu hören, dass ja "auch das Fluff nicht mehr das ist was es mal war" und jaja klar, früher war alles besser, aber ich glaub, so ganz von der Hand zu weisen waren und sind diese Einschätzungen nicht. Bevor wir jedoch überhaupt zum Fluff Fest gelangen konnten, lag noch eine lange und teils abenteuerliche Fahrt vor uns. Mit dem EuroCity gewohnt DB-zuverlässig und kostenintensiv nach Prag "gejettet" und da den halben Tag verbracht. An atmen war kaum zu denken im sommerlich-schwülen Prag. Lieber schwitzend weitergehen, als stehend nicht mehr als das Flimmern auf dem Asphalt einzusaugen. Allerlei Kommerzielles gab es zu bestaunen, für meinen ersten Prag-Aufenthalt genau das Richtige. Zeig mir die Touristenplätze der Stadt und ich sag dir wie schlimm es um sie steht. Auch über Prag hörte ich massive Veränderungen. Wiederum war "natürlich" früher alles besser, aber es war schon arg widerlich wie sich Restaurant an Restaurant und Straßenstand an Straßenstand reihten und Tourist_in an Tourist_in durch eine Straße trotten und wohl keine_r der Beteiligten eine Ahnung hat, warum es ausgerechnet diese Straße in dieser Stadt sein muss. Vom Hügel über die Stadt zu schauen, macht da schon mehr Spaß. Muss mensch nur erstmal hoch laufen...und dann wieder runter. Gerade rechtzeitig - inmitten der Wegstrecke zum Bahnhof zurück - brach ein Sommergewitter aus. Leichtnässlich im Hauseingang dann doch noch die ganzen Tourist_innen flitzen sehn und im Kopf Trennlinien gezogen. Wie gut, dass meine Digitalkamera nicht wirklich funktioniert.<br /><br />Der Weg nach Rokycany ist noch eine kurze Bemerkung wert. Das Bahnsystem scheint in Tschechien so zu funktionieren, dass es auch wie in D-Land RBs (Os) und REs (R) gibt. Die Os sind zumeist krass heruntergekommene Wagen, die von Weitem so ein bisschen wie die Doppelstockzüge vieler REs in D-Land aussehn. Von Nahem sind sie zumeist nur eine Ansammlung von Rost- und Graffitiflecken. Die Rs sind da schon schicker. Mit einzelnen 8er-Abteilen und dem Charme des vergangenen Jahrhunderts wird relativ komfortabel (und verdammt billig!) die Provinz befahren. Wir sollten anderthalb Stunde bis Rokycany brauchen. Theoretisch. Praktisch wurde es eine Lehrstunde im tschechischen Nahverkehrssystem. Auch wenn die Züge langsam sind, mehr Personal haben sie auf jeden Fall. Und einer dieser Personalien versuchte uns kurz nach Prag auch schon verständlich zu machen, dass der Zug eine halbe Stunde Pause machen würde. War allerdings nix, kurz darauf alle aussteigen und ab in einen der eingangs erwähnten Os der beunruhigenderen Sorte. Damit gings allerdings nur bis zum nächsten Bahnhof. Dort standen mehrere ältere Busse bereit, reingequetscht und weiter gehts. Vier, fünf, sechs tschechische Dörfer - wo auch immer - kennengelernt und meinen Stehlatz verflucht, von dem aus ich <span style="font-weight:bold;">genau</span> sehen konnte, was der Fahrer macht und wie (wenig) weit der Abgrund weg ist. Dann war auch das überstanden, wieder rein in einen Os, wieder ein-zwei Stationen. Endlich wieder in einen R, mittlerweile auch noch mehr Menschen getroffen, die zum Fluff wollen, und nach zwei (?) weiteren Stunden Fahrt und 15 Minuten Fußmarsch durch die steil ansteigende Dunkelheit das Festivalgelände erreicht. Zum Glück stand unser Zelt schon!<br /><br />Den nächsten Morgen dann gleich mal dazu genutzt die Umgebung auszuchecken. Der Flugplatz auf dem das Festivalgelände liegt, ist ein paar dutzend Meter oberhalb von Rokycany. Am Fuß dieses Hügels liegt gleich das Freibad und dann das Städtchen. Auf dem Zeltplatz vermischte sich häufiges Sächsisch mit 90er-Trash-Musik aus irgendeiner offenen Autotür. Und nach einem ausgiebigen Frühstück fing dann auch schon das Programm an. Neben Ständen mit Platten und den üblichen Accessoires gab es ein "Party tent", ein "Arty Tent", ein Filmzelt und die Hauptbühne. Catering war in mehreren Schlangen für Eis, Essen, Burger, Bier etc. geordnet. Zudem noch ein Zelt mit dem gewohnt-lecker-solidarischen Zapatista-Kaffee und Tierrechtsinfos. Essen kam von einer Mischform aus Tierrechts- und Tierschutzorganisation (vermutlich trotzdem eher der "cooleren" Sorte) und der Gewinn ging auch direkt dahin. <br /><br />Von der Orga her alles ziemlich geil. Aus Öko-Sicht zu bemängeln wäre höchstens, dass das Essen trotzdem (nicht-bio) aus Supermarktkette XY kam, der Kaffee im Cateringbereich von Jacobs kam und das Geschirr vollständig Einmal/Wegwerfgeschirr war. Ansonsten total vorbildlich und besser als alles, was ich bisher bei Festivals gesehen hab. Preise gingen klar, meistens gingen die Taler eh in Soli-Taschen und geschmeckt hat auch alles. Und das vegan ausschließlicher Standard auf nem Festival ist, kann sowieso nicht hoch genug bewertet werden. Ein Problem gab es noch: Müll. Aber dazu komm ich später noch. <br /><br />Erstmal ein paar musikalische Eindrücke. Die werden - wie bei jedem Festival - nur blitzlichtartig funktionieren können. Denn mehr als vier-fünf Bands genauer merken, ist kaum drin. Trotzdem war es wieder ein Festival, dass ich hauptsächlich der Musik wegen besucht haben werde. <br /><br />Begonnen hat das Festival am <span style="font-weight:bold;">Freitag</span> für mich mit <span style="font-weight:bold;">The Effort (USA)</span>. Und der Auftakt war mehr als vielversprechend. Sehr schön locker- melodischer Beat und trotzdem treibend-aggressiv (muss kein Gegensatz sein). Hätte sie mir um ein Haar kurz danach nochmal in Berlin angeschaut. <br /><br /><span style="font-weight:bold;">Senata Fox (CRO)</span> danach fand ich nicht ganz so gut, aber auch mehr als ok. Waren rauher, schneller und schwerer. Mehr weiß ich nicht mehr.<br /><br />Später spielten <span style="font-weight:bold;">Ghostlimb (USA)</span>. Bis auf die schlechten (und deshalb guten) Witze zur Überbrückung einer Saiten-Aufzieh-Pause hab ich davon nur noch wenig behalten...<span style="font-weight:bold;">Antillectual</span> aus den Niederlanden ließen mich dann ins "Party-Zelt" einkehren und angenehmen melodiösen Skate-HC hören. Hat mich nicht sonderlich vom Hocker gerissen, war aber auch nicht schlecht.<br /><br />Nach einer kurzen Pause war dann mein musikalisches Highlight des Abends (und einer der Hauptgründe aufs Fluff Fest zu fahren) schon Freitag nachmittag an der Reihe. Ohne größere Überraschungen konnten mich <span style="font-weight:bold;">Tesa (LT)</span> einmal mehr davon überzeugen, dass sie eine der größten "Post-"Bands der Gegenwart sind. Sie haben technisch ganz schön was aufm Kasten und wissen das auch einzusetzen. Gibt sicher viele Weltklassedrummende, aber noch nie hats mir auf nem Konzert beim Anblick eines Drummers so die Sprache verschlagen, wie bei Tesa. Das ist einfach...krass...was der da hinlegt. Hab noch nie eine so zu gleichen Teilen unkonventionelle wie künstlerische, hochpräzise und superschnelle Art Schlagzeug zu spielen gesehn. Und damit wir uns nicht missverstehen, der Drummer ist auch gleichzeitig der Sänger (!).<br /><br />Weniger dieser Fakt als ihre Fähigkeit die eigenen Gedanken entgleiten und fortschweben zu lassen, machen sie für mich so großartig. Zeit und Raum werden klein und die Trance ist nicht mehr weit. Jedes Mal wieder faszinierend die Jungs zu sehen. Während des Auftritts musste ich daran denken, das Musik nicht nur politisch dadurch wird, dass die Sänger_innen tolle Ansagen machen und engagierte Texte schreiben. Tesa ist für mich eine hochpolitische Band, auch wenn sie das vermutlich bestreiten würden und auch die Texte nicht deutlich darauf hinweisen. Aber das was sie machen, wie sie es machen und wo sie es machen, das ist Kunst. Kunst, die Auswege, Utopien und Möglichkeiten aufzeigt. Die Gefühle ausdrückt. Die Kraft gibt. Die nicht verzweifeln lässt. Oder anders ausgedrückt: wenn mensch eh schon politisiert ist, dann können die "erleuchtenden" Melodien einer Band wohl mehr in ihm_ihr bewirken als zehn gute Politbands mit "guten" Lyrics und Standardmusik.<br /><br />Dank Verschiebungen im Ablaufplan kam für mich danach auch nur noch eine Band: <span style="font-weight:bold;">To Kill</span>.<br />To Kill ärgern mich so ein wenig. Weil ich ihre Musik gern gut finden würde, es aber nicht kann. Politisch find ich die Vegan-Straight-Edge-Band aus Rom ziemlich cool - wäre nur nicht der Sound. Sehr metallische Herangehensweise und überhaupt nicht meins. Allerdings ein gutes Beispiel für das kleine aber feine Polit-Metalcore-Szenchen. Ehrlich gesagt waren meine Hauptgedanken während des Konzertes aber viel profanerer - nämlich kommerzieller Natur. Ich hab gegrübelt, ob ich ein Shirt von denen kaufen soll. Und das typische Dilemma bei Bandshirts trat mal wieder zu Tage. Entweder die Musik der Band ist nicht so toll oder die Motive sind doof oder es steht ein selten dämlicher Spruch drauf oder das Design ist unästhetisch und Sweatshopfree/fair & bio sind eh die wenigsten. Wie auch immer, passen tuts selten. Einen Nichtkonsum und nen für mich eher ungeeigneten Headliner später waren dann auch schon Tofuwürstchen und Sojasteaks uffm Grill und der Abend neigte sich seinem Ende zu. <br /><br /><br />Auch der <span style="font-weight:bold;">Samstag</span> sollte viele Überraschungen und schöne Konzertmomente bereithalten, los ging es jedoch erstmal mit <span style="font-weight:bold;">XRepresentX (USA)</span>. Der Name war Programm. Prolliger HC mit Straight Edge-Abgefeier. Gut, dass danach gleich der Konter kam: <span style="font-weight:bold;">Press Gang (D)</span> wäre dann wohl eher in die Kategorie Drunk Punk zu stecken und so meinte der Sänger auch gleich, dass das im Umlauf befindliche Bier doch bitte zur Bühne kommen soll, damit sie richtig warm werden können. Sehr unterhaltsame Musik und Show & ein schöner Mix aus '77-Punk und frühem Hardcore. In der brütenden Nachmittagssonne gibts nix Besseres. <br /><br />Danach gabs im Zelt eine weitere positive Überraschung des Festivals. <span style="font-weight:bold;">Together (POR)</span> spielten da. Standen nicht mal im Line-Up, über die Gründe mögen andere spekulieren. Hochpolitischer HC aus der Ecke, die diese beiden Buchstaben als Bewegung und nicht nur als Szene versteht. Äußerte sich dann vor allem in der Länge der Ansagen im Vergleich zur Länge der Lieder. Auch <span style="font-weight:bold;">Dakhma (CZ)</span> schlugen in eine ähnliche Kerbe. Es ist toll, nach so einer peinlichen Band wie XRepresentX zu sehen, dass Straight Edge auch mehr sein kann als ein albernes Szene-Identitäts-Spielchen mit Verzicht und Prollgehabe. Lange war mir die politische Dimension von Straight Edge nicht klar und ich verband es mit der (peinlichen) Szene-Variante, die leider bis auf den Verzicht auf Genuss- und Rauschmittel oder militanten Schwachsinn (Hardline...) wenig gebacken kriegt. <br />Straight Edge jedoch als einen Ausgangspunkt des (Nach-)Denkens über Verantwortung zu sehen, offenbart völlig neue Einsichten. Verantwortung für sich selbst, das eigene Handeln und andere zu übernehmen, passt dann plötzlich wieder gut zu Themen wie Veganismus (der leider auch oft in seiner platten Szene-Identitäts-Variante gelebt wird - gehört halt dazu), Anarchismus und Empowerment. Nicht wie viele Kommunist_innen auf die Revolution zu warten, sondern bei sich selbst anzufangen und zu schauen wie das eigene Handeln positiv in Richtung einer besseren Welt verändert werden kann, dieser Gedanke gefiel mir schon immer an der Hardcore-Bewegung und prägte auch mich sehr stark.<br /><br />Dann bekommt Straight Edge auch eine ganz andere Bedeutung. Verantwortung zu übernehmen heißt dann nicht mehr, peinlich genau darauf zu achten, dass auch ja kein Tropfen Alkohol irgendwo drin ist und "Edge Breaker" bloßzustellen. Vielmehr ist ein wacher Geist und ein bewusstes Handeln und (Er-)Leben entscheidend. Keine vorgetäuschte Reinheit (was kann in dieser Welt rein sein außer verquere Ideologien?), sondern Aktivität. Change begins with you. Oder so. <br /><br />Kaum raus aus dem Zelt, wuchs die Anspannung, die schon den ganzen Tag stetig stieg, wieder an. Nach einer kurzen nachmittäglichen Grillpause ging es auch schon weiter mit <span style="font-weight:bold;">Celeste (FR)</span> und <span style="font-weight:bold;">Zann (D)</span>. Celeste hatte ich mir besser vorgestellt. Tief im "Post"-Sektor zuhause, allerdings wollte der Funke trotz guten Voraussetzungen nicht überspringen. Ganz anders bei Zann. Hatte die vorher nur mal nebenbei gehört und außer Krach kannte ich von denen nichts. Auf der Bühne verwandelte sich der Krach jedoch plötzlich in chaotische, ziemlich aufregende, komplex wirkende Lied-Strukturen und war ganz schön toll. <br /><br />Und dann endlich war es so weit. Der zweite musikalische Hauptgrund aufs Fluff zu fahren, war dran: <span style="font-weight:bold;">Fall of Efrafa (UK)</span>.<br />Sie haben kein einziges der Lieder gespielt, die ich gern hören wollte. Das Erstaunliche: das war auch total egal. Einfach nur wundervoll. Ein wenig rauher als auf Platte und einige Hintergrundmelodien fehlen natürlich. Aber nichtsdestotrotz atemberaubend und zum tiefen Versinken geeignet. <br /><br />Das was ich bei Tesa über das Politische an solchen Bands geschrieben habe, passt noch besser zu Fall of Efrafa. <br />Fall of Efrafa ist eine reine Konzeptband, die sich vorgenommen hat, in drei Alben Motive aus dem Buch Watership Down zu verarbeiten. Im Zentrum stehen hoch politische, mitunter stark zynische, lyrische Texte, die vor allem von Religion bzw. Atheismus und Veganismus handeln. Naturbeherrschung, zur Religion verklärt, wird nicht (nur) die Erde zerstören, sondern vor allem die Spezies, welche sich selbst als Herrscherin über alle anderen Spezies erhob. Der fundamentale Widerstand gegen diese Herrschaft ist spärlich, aber vorhanden. Und im Endeffekt liegt es (auch) an uns, wie diese Geschichte enden wird. <br /><br />Die Musik ist am besten in eine der "Post-"Schubladen zu stecken, was hauptsächlich Abgrenzung und nicht Inhalt ausdrückt. Denn wie bei vielen anderen des Genres lässt sich die Musik nur schwerlich in wenigen Worten ausdrücken. Schwermütig ist sie - und ernst. Leidvoll, ganz ruhig, getragen und plötzlich wieder das komplette Gegenteil. Ausbrechend und ungehalten. Endzeitlich und doch mit Hoffnungen versehen. Sind diese zu Beginn noch kaum zu sehen, werden sie im Albenverlauf stärker und überwiegen doch nie. Ein ambivalentes Wechselspiel, in dem nie so ganz klar wird, ob das was gerade geschieht, in Positiv oder Negativ zu fassen ist. Nur eines ist für mich sicher, es berührt mich. Und wie es das tut. Auch live. Eine der Bands des Festivals. Ich freu mich auf die Abschiedstour. <br /><br />Was sollte jetzt noch kommen? Die <span style="font-weight:bold;">Victims</span> aus Schweden haben wir für ein Einreihen in die Burger-Schlange genutzt, von da aus klangen die gar nicht mal schlecht - besser zumindest als sie mir auf Tonträger gefallen. Ein weitergehendes Urteil will ich mir allerdings an dieser Stelle nicht erlauben.<br /><br />Frisch gestärkt ging es dann zum Headliner des Abends: <span style="font-weight:bold;">Trial (USA)</span>. Die waren, falls Tshirts so viel Relevanz zugesprochen werden soll, wohl der Grund für viele da zu sein. Sie machen relativ klassischen Hardcore und sind wohl auch deshalb so beliebt, weil sie den mit klaren Ansagen verbinden. Z.B. für die SHAC7 (Inhaftierte der Tierbefreiungsbewegung, welche sich gegen die Tierversuchsfirma Huntington Life Sciences engagier(t)en). Eigentlich in den späten 90ern aktiv, juckt es sie scheinbar immer noch hin und wieder eine Show zu spielen. Gut so. Nicht so ganz meins, aber sehr gut, dass es sie gibt. Und dass sie ihre Standpunkte genau so darlegen und nicht anders. Gibt vermutlich nicht wenige Leute, die sie dadurch motivieren können sich in den entsprechenden Bewegungen zu engagieren. <br /><br /><span style="font-weight:bold;">Sonntag.</span> Aufm Zettel standen mal wieder viele musikalische Anregungen zur Tagesgestaltung und so wurde der Mittag mit <span style="font-weight:bold;">Glasses (D)</span> und <span style="font-weight:bold;">Daymares (POL)</span>. War beides ziemlich schick. Viel mehr fällt mir dazu allerdings auch grad nicht mehr ein. Danach dann <span style="font-weight:bold;">June Paik (D)</span>. Von denen halt ich ja schon länger so einiges. Hab sie mal in Leipzig in der Gieszer16 gesehen, wo sie "dank" technischer Probleme nur fünf Lieder gespielt haben. Erstaunlicherweise waren es diesmal auch nicht viel mehr. Die waren aber wiederum sehr intensiv. Ich glaub die Screamo-Schublade dürfte sie ganz gut umfassen. Melodisch schöne Läufe, längere Lieder, schöne Kontraste, viel Geschrei. <br /><br />Der Tag im Ganzen hat sich wenig in die Erinnerung gebrannt. Zwar viel gesehen und auch viel gut gefunden, aber auch viel schon wieder vergessen. Die beiden vorangegangenen Tage haben einfach viel stärkere Bilder hinterlassen. Eine Ausnahme gab es dann aber doch: <span style="font-weight:bold;">Mondo Gecko (ISR)</span>. Echt abgefahrene, wundervoll trashige Band. Schon als der Sänger im komplett goldenen Jogginganzug auf die Bühne kam, war klar wohin die Reise geht. Nach dem Auftritt war erstmal Diskutieren angesagt: Wer ist schneller? Der Drummer von Mondo Gecko oder der von Vitamin X? Wird wohl kaum zu entscheiden sein. Rasend schnelle, sehr kurze Lieder wechselten sich mit teils lustigen, teils debilen Ansagen ab - in der Mitte des Konzertes meinte der Sänger dann zum Drummer: "...and now faaast!". Reicht glaub ich schon um die Durchgeknalltheit ansatzweise nachvollziehbar zu machen. Für mich eine der Überraschungen und Highlights des Festivals! <br /><br /><span style="font-weight:bold;">Tackleberry (D)</span> hingegen war nicht so pralle. Musikalisch irgendwie inspirationslos und viele lange überflüssige Ansagen. Leuten auf dem Fluff-Fest erzählen zu wollen, dass Mario Barth scheiße ist, finde ich unangebracht (ok, vielleicht bestand das Publikum ja auch nur aus Deutschen Fernsehjunkies, wer weiß). Paar Wochen später hab ich sie noch mal in Berlin gesehen. Da waren sie dann besser. So bin ich aber schon vorzeitig gegangen und das war mein Glück. <br /><br />Denn auf der Hauptbühne fingen gerade <span style="font-weight:bold;">Ratos de Porao (BRA)</span> an. Die kennen ich schon, seit ich mit 13 ein Tape mit Aufnahmen von brasilianischen HC-Bands zwischen 1980-83 mein Eigen nennen durfte. Ratos de Porao machen heute zwar Metal, aber die Wurzeln sind offensichtlich. Wirklich groß macht sie vor allem das Unterhaltungstalent des Sängers. Ein ziemlich dicklicher biertrinkender alter Mann, der aber mal so was von auf den Begriff "Rampensau" passt. Sehr komisch und äußerst unterhaltsam. Das Süßeste an diesem Konzert war der Moment in dem eine Person durch das Mikro "I love you" zu ihm meinte und der coole Entertainer zerflossen ist. Hach!<br /><br />Den Headliner bildeten <span style="font-weight:bold;">Have Heart (USA)</span>. Die lösen sich auf und waren das letzte Mal in Europa. Have Heart ist auch so eine Band, bei der ich nicht so genau weiß, was ich denken soll. Musikalisch bewegen sie sich souverän auf (auch von ihnen) ausgetretenen Pfaden von Bane oder Verse. Inhaltlich ist bei der Show null rüber gekommen, darf bei ner Abschiedstour wohl aber auch sein. Beliebt und bekannt sind sie jedenfalls. Die Bühne war voller Menschen und auch wenn ich mit denen nicht viel anfangen kann, ist das Fazit wohl wieder ähnlich wie bei Trial. Die geben anderen Menschen garantiert ziemlich viel. <br /><br /> <br />Ist ja auch eine Erkenntnis des Festivals, dass ich den Headlinern komplett skeptisch gegenüberstand. Und hat auch viel damit zu tun, wie Hardcore als Szene und Bewegung funktioniert. Denn auch wenn ich zumindest Trial und To Kill politisch die besten Absichten unterstelle, die Art und Weise der Vermittlung ist so gar nicht mein Fall. Weder übermetallisch noch im Prediger-Stil will ich Inhalte vorgesetzt bekommen. Oder halt gar nicht, wie bei Have Heart. Klar geht das anderen Menschen anders, aber dann ist natürlich auch klar, dass sich eher diese Menschen von den Headlinern und den Prollo-Bands angesprochen fühlen. Niedrigen Eintrittspreis nicht vergessen und schon haben Otto und Ottilie Normal-HC-Verbraucher Zelt und Schlafsack Richtung Tschechien unter den Armen. <br /><br />Das mag elitär rüberkommen sowas zu schreiben. Aber ich hatte schon den Eindruck, dass gerade die Menschen, die (dank Tshirt-Aufdrucken relativ leicht identifizierbar) eher die weniger politischen und machomäßigeren Bands auf dem Leib trugen, auch seltener die Vorstellungen der Organisierenden (und auch meiner) eines gelungenen D.I.Y.-Fests teilten. <br /><br />Woran mache ich das fest? <br /><br />Ich lebe mein Leben nicht alkoholfrei. Auf dem Fluff Fest hab ich trotzdem nicht getrunken. Hätte für mich nicht gepasst. Wurde vielfach anders gesehen. Auch, dass der leere Bierbecher nicht auf dem Gelände liegen bleiben sollte. Am Ende war das gesamte Gelände eine reine Mülllandschaft. Dixi-Klos wurden zu Ekel-Spielplätzen und Graffitiwänden umfunktioniert. Leute fuhren ab und ließen dann auch noch ihren Müll auf dem Zeltplatz liegen. Dazu Rumgegröhle & widerliche Musik auf dem Zeltplatz (ich sag nur Pöbel & Gesocks). <br /><br />Das soll gar nicht so Über-P.C. rüberkommen wie es vielleicht klingt. Aber ist es denn so schwierig den eigenen Müll zu entsorgen und die Leistungen der Organisierenden zu würdigen? Sollte auf einem D.I.Y.-Festival wirklich nur mein Konsum an Essen, Getränken und Musik im Vordergrund stehen? Kann ich nicht vielleicht auch einen Beitrag zum Gelingen des Festivals dazusteuern? <br /><br />Einfache Fragen, leider oftmals keine Antworten. War mir auch ziemlich unangenehm, dass so viele Deutsche da waren. Vielleicht liegts an meiner schrägen Sichtweise. Aber gerade viele Deutschsprechende erfüllten meine Negativbilder. Viel wirkte aufgesetzt, stilisiert, es wirkte wenig bewegungsorientiert und viel szenig. Politik wohl eher in der Nebenrolle. Alkohol und Vermüllung dafür in Hauptrollen. Das finde ich schade. So werden die Grenzen eines Ortes zur freien Entfaltung schnell eingeengt. Noch war der Raum relativ offen. Relativ im Vergleich zu vielen anderen Hardcore-Konzerten und Festivals. Aber raumgreifendes, intolerantes und szenig-ausschließendes Verhalten bzw. der Anteil derer, die dies offensiv nutzen braucht nur wenig höher werden und die Ausnahmestellung des Fluff geht den Bach runter. Ich frag mich, ob mich mein Eindruck, dass Hardcore in anderen Ländern anders (besser?!?) funktioniert, wirklich so täuscht. Und woran das liegen mag. Vielleicht an der schlichten Größe der HC-Szene und linken Szene insgesamt in Deutschland...wer weiß...<br /><br />Um den Bogen wieder zum Beginn zu schlagen: die "auch das Fluff ist nicht mehr das was es mal war"-Stimmen klingen wieder an, ich hätte es gern ein paar Jahre eher entdeckt. Und trotzdem war jede Minute wert auf dem Fluff Fest gewesen zu sein. Denn trotz allem hat es sich zwar nicht angefühlt wie ein Polit-Camp, aber doch meilenweit besser als vieles was ich von der deutschen Hardcore-Szene der Gegenwart so mitbekommen habe bis jetzt. <br /><br />Mal schauen, vielleicht verschlägt es mich ja nächstes Jahr wieder in die tschechische Provinz. Im Moment finde ich diesen Gedanken sehr reizvoll. Diese fünf Tage (mit jeweils einem Tag in Prag) sind für mich jedenfalls meine Eindrücke für den Sommer 2009.<br />Und die waren mehr als wundervoll.<br /><br /><br /><br /> <br />P.S. Auf der Rückfahrt waren wir in Prag in einem asiatischen Vegan-Restaurant. Wer da nicht gewesen ist, dem fehlt ein kulinarisches Schlüsselerlebnis im Leben ;)<br /><br /><br /><br /><br />Hier nochmal das komplette Line-Up. Da es verdammt heiß war, haben wir von den Aftershow-Parties so gut wie nix mehr mitgekriegt und stattdessen den Schlaf gesucht. War auch ganz sinnvoll, wenn der Sonnenwecker morgens gegen acht auf Grillalarm steht.<br />Was im Artikel nicht steht, hab ich auch nicht oder nur ganz kurz gesehen. Entweder wegen Überschneidungen oder weil ichs nicht so prickelnd fand. <br /><br /><br />Friday 24th July<br /><br />15:00 zine workshop meeting @ zine library<br /><br />party tent<br />16:00 DEAD VOWS [swe]<br />17:30 ANTILLECTUAL [ned]<br />18:45 TESA [lv]<br /><br />main stage<br />14:05 AYS [ger]<br />14:45 THE EFFORT [us]<br />15:30 SENATA FOX [cro]<br />16:15 BORA [lt]<br />17:05 GHOSTLIMB [us]<br />18:00 OUTLAST [swe]<br />19:00 KINGDOM [us]<br />20:00 ANALENA [cro]<br />21:00 TO KILL [it]<br /><br />party tent<br />22:00 KARAOKE AND DISCO AFTERPARTY<br /><br />campsite<br />22:30 OPEN AIR CINEMA<br /><br />arty tent<br />22:00 HISSING FAUNA [cz]<br />22:45 DNE [cz]<br />23:30 BURNING BOY [cz]<br /><br />Saturday 25th July 2009<br /><br />party tent:<br />15:?? TOGETHER [por]<br />16:00 DAKHMA [cz]<br />17:30 OUTRAGE [us]<br />18:45 RAY [rus]<br /><br />main stage<br />13:25 RECONCILE [arg]<br />14:05 XREPRESENTX [us]<br />14:45 PRESS GANG [ger]<br />15:30 BURIAL [ger]<br />16:15 WAIT IN VAIN [us]<br />17:05 CELESTE [fr]<br />18:00 ZANN [ger]<br />19:00 FALL OF EFRAFA [uk]<br />20:00 VICTIMS [swe]<br />21:00 TRIAL [us]<br /><br />party tent<br />22:00 DISCO AFTERPARTY<br /><br />campsite<br />22:30 OPEN AIR CINEMA<br /><br />arty tent<br />22:00 CLIMATIZADO [cz]<br />22:45 OTTAVEN [it]<br />23:30 TROY VON BALTHAZAR [us]<br />00:15 LIKE SHE [cz]<br /><br />Sunday 26th July 2009<br /><br />party tent<br />15:45 LA PROSPERITE [cz]<br />17:30 MONDO GECKO [isr]<br />19:30 TACKLEBERRY [ger]<br /><br />main stage<br />13:25 GLASSES [ger]<br />14:05 DAYMARES [pol]<br />14:45 JUNE PAIK [ger]<br />15:30 AS WE FIGHT [dk]<br />16:15 SHIPWRECK AD [us]<br />17:05 DEATH IS NOT GLAMOROUS [nor]<br />18:00 AN ALBATROSS [us]<br />19:00 RISE AND FALL [bel]<br />20:00 RATOS DE PORAO [bra]<br />21:00 HAVE HEART [us]<br /><br />arty tent<br />22:00 CHILL OUT GOODBYE AFTERPARTYtruemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-16472287974776878872009-05-30T18:00:00.020+02:002009-07-13T01:51:53.536+02:00Impressionen vom Wave-Gotik-Treffen 2009Jetzt sitz ich wieder hier in Berlin. Einige Tage sind schon verstrichen, mehr müssen wohl noch verstreichen, bis ich den Eintrag fertiggestellt haben werde - und es fühlt sich seltsam an.<br /><br />Seltsam wieder in dieser Normalität zu sein, seltsam wieder den gewohnten Wegen nachzugehen. Das Wave-Gotik-Treffen hat einen tiefen Eindruck in mir hinterlassen und reizüberflutet wie ich war, versuch ich das jetzt alles mal so nach und nach zu verarbeiten und aufzuschreiben. Mal sehn, wie lang das wird.<br /><br />Zunächst werde ich mal einigen <span style="font-weight:bold;">Impressionen Leipzigs</span> nachgehen. Leipzig kenne ich schon sehr lange und irgendwie ist es auch meine heimliche Liebe. Ich bin wirklich sehr gern in Leipzig und vielleicht auch, weil ich es dort sehr mag, fallen mir negative Dinge eher auf als anderswo. Die vier WGT-Tage standen vor allem im Zeichen von Überwachung und Kontrolle. Irgendwann hab ich mal gehört, Leipzig sei die Stadt mit der größten Dichte an Überwachungskameras in ganz Deutschland. Das allein ist schon erschreckend genug, findet sich doch immer irgendwo ein beobachtendes Objektiv. Ob nun Richtkameras auf den Dächern, überwachte Plätze oder Kameras in den Straßenbahnen, sie sind wirklich überall. Und mit ihnen eine sehr deutsche Mentalität von Überwachung, Ordnung und Sauberkeit. Auf den Flimmerpendants zum Berliner Fenster wird in den Straßenbahnen stolz von Freiwilligen berichtet, die Stadt und Bahn sauber halten und die Leipziger Verkehrsbetriebe halten ein extra Internet-Formular und großzügige finanzielle Anreize für durch treue Bürger_innen geschnappte Sachbeschädigende bereit. Und wer zerkratzte Scheiben auf öffentlichen Verkehrsmitteln für normal hält, wird in Leipzig eines besseren belehrt. Ein einziges Scratching auf einer Scheibe und daneben schon ein LVB-Aufkleber, der entschuldigend den Austausch der Scheibe gelobt. Das Urbane der Gegenwart wird sorgsam aus dem Straßenbild getilgt und der kleingeistigen Provinz Platz zur Entfaltung gegeben. Still muss es in Leipzig sein, wenn die Nacht hereinbricht und nicht gerade 20.000 Gothics durch die Straßen strömen. Andererseits wäre dies auch ein vernichtendes Urteil in derlei Einseitigkeit. Trotz allem ist Leipzig lebendig und durchzogen von Freigeistern. In den Straßen künden ab und zu Bilder und Kreationen davon. Von den, um wichtige Forderungen ergänzten FDP-Plakaten ("Für Gentechnik im Essen") hin zum allbekannten Rage against the machine-Motiv auf der Hauswand, es ist halt doch noch "the battle of L.E." - dass die Kameras, der Zwang und die Kontrolle noch lange nicht gewonnen haben. Das Unfertige, Formbare und der Aufbruch sind an vielen Ecken Leipzigs zu spüren und jeden Tag aufs Neue ringen Urbanität und Provinz miteinander.<br /><br />Das Wave-Gotik-Treffen passt da ganz gut rein.<br /><br />Was genau ich mir vom Wave-Gotik-Treffen versprach kann ich gar nicht mehr genau rekonstruieren, ist vermutlich auch gar nicht nötig, denn eigentlich wurden alle Erwartungen nur übertroffen.<br /><br />Selten hatte <span style="font-weight:bold;">das ethnologische Herz</span> so viel Freude beim Austoben - und wird wohl in keiner Szene so offensichtlich fündig, wie in der derzeitigen "Schwarzen Szene". So viele Unterszenen, Weltanschauungen, Lebensweisen und mehrere Jahrzehnte Geschichte geben ihr Halt - auch wenn wenig verbindet, nichts trennt tief genug. Ich selbst verorte mich "nur" in einer der mittlerweile marginalen Bestandteile der Szene. In den wenigen Jahren, in denen Punk zu Gothic wurde, bin ich daheim, die (vor allem deutschen) Dunkelpunkbands wie Fliehende Stürme und EA80 haben nur mittelbar etwas mit Gothic zu tun und doch waren ihre angloamerikanischen Pendants irgendwann mal das was Gothic ausmachte. Dunkler Post- und Wave-Punk, der sich nicht auf Parolen reduzieren ließ und dessen Lebensgefühl intensiv und eigenständig genug war, eine neue Szene zu werden. Neben Vertreter_innen dieser frühen Gothicformen mit hochtoupierten Irokesen, ein wenig Schminke, Buttons und (hoffentlich Kunst-)Lederjacken und alles in allem noch recht punkorientierten Accessoires ist die Szene seit den späteren 80ern und 90ern deutlich vielgestaltiger geworden.<br /><br />Metal hat genauso Einzug gehalten, wie Mittelalter-Verehrende, Cybergoths kamen hinzu, Barock und Romantik bilden einige ästhetische Bereicherungen, EBM-Leute, die teilweise an den Neonazi-Chic der 90er erinnern und vielfältige Fetisch-Outfits ergänzen das Repertoire, das noch deutlich weiter reicht.<br /><br />Grob sind mir auf dem Festival einige <span style="font-weight:bold;">Trennlinien</span> aufgefallen. Sind durch die Punkwurzeln in den älteren Teilen der Szene Kreativität und schaffende Individualität noch wichtige Werte, ist in neueren Szenen ein beklagenswerter Hang zum Konsumismus zu verzeichnen. Schaue ich mir viele der Cyber-Goth-Outfits an, sind diese höchstens mehr oder weniger geschmackvoll zusammengestellt, bloß gekauft sind all ihre Bestandteile trotzdem. Auch wenn das doch noch ein gutes Stück von Uniformierung entfernt sein mag, Individualität in den verschiedenen Farben der Plastikschläuche in den Haaren, der Kontaktlinsen oder Einsätze in den Schweißerbrillen zu suchen, ist mir dann doch zu wenig. Auch inhaltlich ist diese, vor allem Jüngeren vorbehaltene Szene, nicht besonders ergiebig. Freizügig werden gesamtgesellschaftliche "Schönheits"normen reproduziert und jede_r kann mitmachen, so lange die Figur stimmt. Gesichtszüge wiederum sind egal, ein regelrechter Mundschutzkult verdeckt eh das Meiste. Viele Werte werden hier leicht über Bord geworfen.<br /><br />EBM wiederum vergisst mit dem Hang zum Militarismus und hypermaskulinem Auftreten einen wichtigen Aspekt vergangener Gothic-Tage: Androgynie. Die sexuelle Offenheit und das Anerkennen verschiedenster Sexualitäten und Geschlechtsentwürfe ist einer der Gründe, warum ich Gothic viel abgewinnen kann. Auch das WGT wirkte auf mich wie ein Freiraum zum experimentieren und ausprobieren verschiedener Körperlichkeiten. Und das hat sich sehr schön angefühlt.<br /><br />Das explizit Politische der Gothics ist durch Metal, EBM und andere Einflüsse auch immer geringer geworden, Gegenwarts-Kern-Gothics haben kaum politische Standpunkte, die ihnen allen zu eigen wären. Durch die insgesamt höhere Bildung der Durchschnittsgothics können natürlich ähnliche Standpunkte gefunden werden, die jedoch eher auf die Herkunft aus dem Bildungsbürgertum, denn aus der Schwarzen Szene verweisen. Einen Reiz versprüht dieses Gemisch trotz alledem. Denn noch immer sind Individualität und Freiheitlichkeit, Werte die oft vertreten werden. Persönliche Freiheiten spielen in all den - zum Teil kruden - Weltanschauungen eine Rolle und oftmals nicht die geringste.<br /><br />Bei den zur Schau gestellten Inszenierungen musste ich mich allerdings auch fragen, inwieweit da überhaupt noch ein Sinn für Unangepasstheit besteht. Wiederum die "neueren" Szenebestandteile wankten oft auf den schmalen Graten zwischen persönlicher Ästhetik und Szeneoutfit, sowie sorgsamer Inszenierung und Fasching. Der Trend zu fragileren, täglich wechselnden Szeneidentitäten hat auch hier Einzug gehalten. Mögen die Menschen im Alltag "normal" aussehen, leben sie sich auf solchen Treffen aus. Das macht zum einen den Alltag grauer und die Menschen angepasster. Ich will nicht den befreiendn Charakter einer "Feiertagsinszenierung" leugnen, find es jedoch mehr als schade, dass der Widerstand im Alltäglichen mittlerweile nicht mehr zum Gothic-Standardrepertoire gehört (wobei zu fragen wäre, wie viel da überhaupt jemals über Äußerlichkeiten lief). Konsequente Lebensweise sieht jedenfalls anders aus.<br /><br />Aber es gab ja auch noch <span style="font-weight:bold;">Konzerte</span>. 192 Bands plus minus ein paar sollen dann wohl wirklich dort gewesen sein. Allein die Zahl lässt seufzen. Anstatt jetzt über Preis, Leistung und Un/möglichkeiten zu diskutieren, lieber gleich z<span style="font-weight:bold;"><span style="font-weight:bold;"><span style="font-weight:bold;"></span></span></span>u denen, die ich mir angeschaut hab. Mein persönliches WGT-Programm war recht strukturkonservativ, ich hab mir meine Lieblingsbands angeschaut und jene, die ich schon immer mal sehen wollte, aber die mir für ein Einzelkonzert dann doch zu wenig geben würden. Viele sind da leider auf der Strecke geblieben, vor allem von den alten Post-Punk-Bands hab ich deutlich weniger gesehen, als ich gern gewollt hätte - aber da zumindest ich noch nicht die Rezeptur für gleichzeitiges an-mehreren-Orten-sein gefunden habe, muss ich mich mit dem begnügen was ging. Und das war auch schon mehr als in den Kopf passte. Viele Erinnerungen konnten sich gar nicht setzen, weil sie von neueren verdrängt wurden - so intensiv waren diese vier Tage.<br /><br /><br /><span style="font-weight:bold;">Freitag</span><br /><br />Nach der freitagmorgendlichen Anreise, dem Versuch Zelte auf Betonboden aufzubauen, dem Eintrudeln der weiteren Zeltgruppenangehörigen und dem Auschecken des Tagesprogramms, ging es erst einmal halbwegs kollektiv zu <span style="font-weight:bold;">L'Ame Immortelle</span>. Als nicht sonderlich mit den Szeneschlagern vertraute Person konnte ich damit recht wenig anfangen. Hauptbestandteile waren die ziemlich gut vorgetragene und breit im Gothic ausgefahrene Selbstmitleidsschiene, deutsche Texte, ein Schuss Romantik und wenig Verwertbares. Mir ist vor allem ein ziemlich abstoßendes Selbstverletzungslied in Erinnerung geblieben, welches mir durch Schmerz/Blut/Selbstverletzungsästhetik in Verbindung mit der Vorstellung (sehr junger) psychisch labiler Hörer_innen negativ auffiel.<br />Unterhaltungswert war trotzdem relativ hoch, aber auch recht eintönig.<br /><br />Die nächsten in der riesigen <span style="font-weight:bold;">Agra-Halle</span> - deren Name eigentlich schon alles sagt - waren <span style="font-weight:bold;">Combichrist</span>. Ikonen neuerer Teile der Szene und nichts für mich. Der Anfang war noch recht kraftvoll, aber schnell verlor ich den Gefallen daran. Kann nicht wirklich die Vorzüge dieser Art von Musik erkennen, weil es teilweise noch nicht mal tanzbar klang - was soweit ich das abschätzen kann, ja schon "das" Kriterium zur Güte "solcher" Musik (Wikipedia meint: "Schnittmenge zwischen Aggrotech und Rhythm ’n’ Noise...was auch immer) ist.<br /><br />Auch wenn ich jetzt vielleicht ungewollt in das Klischee von Elektro vs. Gitarrenmusik reinfalle, aber: ich war froh danach zu einem Konzert einer "richtigen" Band mit "richtiger" Musik zu gehen. Ist natürlich Schwachsinn, aber in dem Moment war der Gedanke sehr erbaulich.<br /><br />Mit <span style="font-weight:bold;">My Dying Bride im Kohlrabizirkus</span> (auch sehr große Location mit riesigem Kuppeldach) waren dann aber doch gleich Menschen angetreten, die ganz andere Ästhetiken pflegten. Gothic, Doom und Metal fanden sich da zusammen zu einer wunderschönen, tief schmerzigen Mischung, welche als große Kunst durchgehen kann. Besonders einprägsam war der blutverschmierte Sänger, dessen Energie die gesamte Veranstaltung trug. Zwischen von Grund auf zerstört, tief leidend, wütendem shouten und den dazugehörigen musikalischen Untermalungen war alles dabei, was ein hochemotionales, technisch gutes Konzert braucht. Eines meiner absoluten Highlights des WGT. Mehr als beeindruckend.<br /><br /><br /><span style="font-weight:bold;">Samstag</span><br /><br />Samstag stand im Zeichen eines umfassenderen Herumstreunens in Leipzig. Gleich morgens wollten wir uns Krabat im Kino in der Innenstadt anschauen, leider waren viele andere auch auf die Idee gekommen und die Vorstellung war bereits "ausverkauft". So schauten wir kurz bei der Absintherie Sixtina vorbei und brunchten später an der Thomaskirche. Eine Spaltung später spazierten wir durch den <span style="font-weight:bold;">Kulturpark Clara-Zetkin</span> und hörten schon von weitem <span style="font-weight:bold;">The Prostitutes</span>. Die Getränkebeschränkungen veranlassten uns, dem Ganzen nur akustisch zu folgen, klang trotzdem ziemlich schön. Schön synthie-post-punkig alt.<br />Danach folgten <span style="font-weight:bold;">Zin</span>, ein Leipziger Placebo-Verschnitt und <span style="font-weight:bold;">Mono Inc.</span>. War beides eher unspannend für mich. Kann auch dran liegen, dass sie nur die Zeit bis <span style="font-weight:bold;">Die Art</span> verkürzen sollten. Jene wiederum haben ein sehr schönes Konzert hingelegt. Spielten sie zu Beginn Lieder vom neuen Album, denen ich erstaunlich wenig abgewinnen konnte, verlagerten sie den Schwerpunkt glücklicherweise recht schnell auf die vielen Klassiker. Höhepunkt war für mich wie immer "Das Schiff". Aber auch "Eternal Fall" und andere trugen zum gelungenen Gesamtbild bei. War das schon sehr schön, stellte sich jedoch kurz darauf eine bedeutendere Frage:<br /><br />Wie könnte ich von einem Festival schwärmen, auf dem mir nicht mindestens ein Konzert begegnet ist, das mich tief bewegt und berührt hat?<br /><br />Diesen Part durften auf dem WGT <span style="font-weight:bold;">Theatre of Hate</span> übernehmen. Die hießen bis 1983 so, waren vorher The Pack und machten danach als Spear of Destiny weiter. Die Besetzungen wechselten, Kirk Brandon der Sänger, war und ist das Zentrum. Ich kannte "Propaganda" von Youtube und war von diesem so begeistert, dass ich das Konzert gern sehen wollte. Schwankend, ob sich diese Odysee lohnen würde, hetzten wir dann doch noch von der Parkbühne los und kamen pünktlich zur Mitte des ersten Liedes im <span style="font-weight:bold;">Felsenkeller</span> an. Diese schöne Location, mit einer großen Tanzfläche und links und rechts jeweils Emporen, war gesäumt von lauter Dunkelmenschen der alten Tage. Es war sehr beruhigend zu sehen, dass nicht überall nur Cybergoths, Metalheads und Mittelalterfreaks rumhingen, sondern auch Batcave und Dunkelpunkgestalten wenigstens noch ihren Weg aufs WGT finden. Wenn vermutlich auch nicht mehr so zahlreich wie früher.<br /><br />Wie schon angedeutet, war der Auftritt sensationell. Auch wenn viele der Spear of Destiny-Lieder Saxophon- und Backgroundsängerinnenuntermalt sind, war die klassische Bass, Gitarre, Drums, Sänger-Konstellation anzutreffen. Die Lieder waren ein Streifzug durch viele Zeitalter des Kirk Brandon-Universums und vermochten allesamt durch seine außergewöhnliche Stimme zu begeistern. Wenn er nur lange genug einen Ton hielt, kam die Gänsehaut von ganz alleine. Das lässt sich mit Worten kaum beschreiben, wie intensiv seine Stimme es vermochte, Zeit und Raum zugunsten eines unbestimmten Glücksgefühls verschwinden zu lassen. Höhepunkt war für mich eindeutig das Stück "Grapes of Wrath". Das Lied an sich ist bereits wunderschön, die Darbietung auf dem WGT fügte dem noch viele Facetten hinzu. Viel löste es in mir aus. Am Ehesten lässt sich das vielleicht damit beschreiben, ein verloren geglaubtes Fragment einer glücklichen Zeit wieder zu finden, eine Erinnerung an die oft übertrieben als glückselig stilisierte Kindheit - wobei es mehr Ahnung denn Erinnerung an jenen imaginierten Zustand ist, der sich so vollkommen und nur in den Grenzen des Bewusstseins anfühlbar darstellt. Eine Grenzerfahrung der ganz besonderen Art. Vermutlich auch dadurch begünstigt, dass ich das Lied vorher nicht kannte. Danach kam noch mein eigentlicher Liebling Propaganda. Leider vermochte es seine Stimme nicht mehr, die Dramatik des Stückes und seiner wunderschönen Variation ganz zu halten - wobei das wohl auch schwierig sein dürfte. "Do you believe in the Westworld" bildete den Abschluss.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">VNV Nation</span> in der Agra-Halle waren dann die letzten für unseren Abend. Vorher noch das Publikum des Feindflug-Konzertes hinausströmen gesehen und froh woanders gewesen zu sein. VNV Nation waren zu recht Headliner des Tages, sehr gute elektronische Musik paarte sich mit einer ausstrahlungsstarken Livedarbietung selbiger. Für mich nicht weltbewegend, aber sehr schön anzuschauen.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">Sonntag</span><br /><br />Der Sonntag wurde eröffnet durch einen Besuch des <span style="font-weight:bold;">Heidnischen Dorfes</span>. Acht Euro Eintritt bezahlen Menschen ohne Festivalbändchen. Ganz schön unverschämt. Unverschämt deshalb, weil die Leistung eigentlich nur darin liegt, Einlass in eine (wenn auch sehr schick) dekorierte Konsumwelt zu verschaffen. Na gut, vermutlich gibt es Menschen, denen sehr viel an ihrem Eskapismus liegt und die da viel Freude dran finden. Eskapismus ist glaub ich ein ganz gutes Stichwort. Wikipedia sagt: Als Eskapismus, Realitätsflucht oder Wirklichkeitsflucht bezeichnet man die Flucht aus bzw. vor der realen Welt und das Meiden derselben mit all ihren Anforderungen zugunsten einer Scheinwirklichkeit (imaginären Wirklichkeit). Ich sage, genau das und noch viel mehr war dieser Mittelaltermarkt. Exemplarisch kann ich das vielleicht am Grad der Ausbeutung nichtmenschlicher Tiere verdeutlichen. Viele Stände glorifizierten Produkte tierlicher Herkunft aus einem seltsamen Gemisch von Mythos und Gewaltkult heraus. Dass die meisten Menschen des Mittelalters aufgrund ihrer landwirtschaftlichen Gebundenheit nur zu hohen Feiertagen Fleisch und andere Tierprodukte konsumierten, wirft ein elitäres Licht auf Schwein vom Spieß etc. und ihre verkleideten Henker_innen. Dass diese Tiere vermutlich in der gegenwärtigen Massentierhaltung groß geworden sind, passt wieder zur verklärenden Realitätsflucht. Kitschige Kostüme erinnern an die Einbildung und Romantisierung einer ebenfalls gewalttätigen Vergangenheit. Auch wenn mein Wissen über heidnische Religionen beschränkt ist, bin ich relativ überzeugt davon, dass emanzipatorische Ansätze aus diesem Gedankenspektrum heraus, mit der Lupe gesucht werden können. Alles in allem ziemlich unangenehm. Zumal es wie gesagt, großteils ein absolutes Konsumfest war. Es gibt glaub ich so einige andere Zeitalter und Denkformen, in die zu flüchten sich mehr lohnen würde...<br /><br />Später am Tag dann wieder etwas ungleich Positiveres. <span style="font-weight:bold;">Fliehende Stürme</span>, mal wieder einer der Gründe irgendwohin zu gehen, spielten in der riesigen <span style="font-weight:bold;">Agra-Halle</span>. Vorher saßen wir noch mit einem feinen Sternburg Export in der knallenden Sonne am Rand der Flaniermeile und haben uns satt geschaut. Auch wenn das mit dem Auftritt alles ein wenig skurril wirkte (viel zu große Bühne, viel zu große Halle, monströse Soundanlage), war es ein toller Auftritt. Auf 40 Minuten heruntergebrochen, war alles dabei was nie fehlen darf. Ein Schluck Bier und ein Dankeschön waren die einzigen Unterbrechungen eines Sprints durch alle Schaffensphasen. Beste Pogo-Stimmung, einige ruhige Momente und viel Gefühl. Brachte der Gedanke an die Kürze des Auftritts vorher noch ein unmutiges Grummeln hervor, so war dieser Extrakt eine mehr als gelungene Abwechslung zu den normalen Auftritten (auch wenn ich das zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, aber ich sollte sie kurz danach eh in gewohnter Länge in Potsdam sehen. So kanns gehen).<br /><br />Danach noch für <span style="font-weight:bold;">Frank the Baptist</span> geblieben. War allerdings relativ blöd gelaufen. Die anfänglichen Lieder waren recht lahm, vermutlich war ihr Programm auf Spannungsaufbau ausgelegt, denn die letzteren wurden langsam besser. Doof an dem Konzept nur, dass sie sich in der Zeit verschätzt hatten. Sie wurden abgewürgt und mussten gehen, bevor sie ihre bekanntesten Sachen spielen konnten. Schade eigentlich.<br /><br />Den Abend für uns beschlossen <span style="font-weight:bold;">ASP</span>. Darüber werd ich jetzt gar nicht viele Worte verlieren. Für einen Gothic-Headliner gehören sie zu den sympathischeren. Konsequent für Indvidualismus und gegen regressive Tendenzen in der Gothic-Szene positioniert (z.B. mit dem Konstantin Wecker-Cover "Sage nein"). Musikalisch überzeugten sie mich nur teilweise. Dafür war die Bühnenshow mehr als groß. Würde ich auf Entertainment stehen, wäre dieses Konzert wohl ein persönliches Highlight des WGT gewesen. So empfand ich die meterhohen Feuerwände nur als Augenwischerei. Ohne dieses Getrickse wäre jedoch trotzdem ein solides und zu Teilen echt schönes Konzert einer wichtigen Institutionen des deutschsprachigen Gothics übrig geblieben.<br /><br /><span style="font-weight:bold;">Montag</span><br /><br />Am letzten Tag nun war aufräumen, packen und letzte Pläne machen angesagt. Nach dem Verabschieden schaute ich mir noch <span style="font-weight:bold;">Inkkubus Sukkubus, Nosferatu und UK Decay</span> auf der <span style="font-weight:bold;">Parkbühne</span> an. War eigentlich wegen UK Decay dort, aber das hätte ich mir wohl auch sparen können. Die beiden anderen Bands kannte ich vorher nicht und fand sie auch nicht sonderlich weltbewegend und bei UK Decay hatte dann nicht mal mehr das Wetter Lust und so blieben nur die Feststellungen, dass UK Decay großteils nicht tanzbar war, der Sänger ein ziemlicher Freak war (im positiven! Erinnerte mich manchmal sehr an Junge von EA80 mit seinen Akrobatiken und "Einfällen") und Regen naß ist.<br /><br />Der Rest der Gruppe war zwischenzeitlich dann doch noch bei Qntal reingekommen und so ging ich noch eine Weile durch das bereits sommerlich angehauchte Leipzig, das statt Regen Sterne bereit hielt. Irgendwann setzte ich mich auf die Treppenstufen eines Gebäudes, das sich mir erst später als die geschichtsträchtige "Runde Ecke" offenbart. Schräg gegenüber war das Schauspielhaus und bevor wir Leizpig nun verlassen wollten, hatte ich so schon etwas Gelegenheit die letzten Tage Revue passieren zu lassen...truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-10885931474476839952009-04-02T22:00:00.007+02:002009-04-30T10:32:48.924+02:00Hotelzimmer Inferno im DunckerHotelzimmer Inferno hab ich, ganz im herrschenden Zeitgeist, irgendwann mal übers m*space gefunden, ein Add und schon wusste ich Monate später, dass das Konzert in Berlin im Duncker Club für lau stattfinden sollte. Gegenargumentationen gegen so ein Angebot laufen da ja wohl ins Leere. Im Nachhinein hätt ich wohl auch Eintritt bezahlt, hat aber nix mit Logik zu tun, denn - nein, an dieser Stelle kein schlechtes Wortspiel. <br /><br />Mediotiv (die keinen einzigen Google-Hit liefern), eine reine "Frauenband", zog sich vorher noch deutlich in die Länge und irgendwie fiel es mir auch schwer, dafür eine Schublade zu finden. Wirkten Teile der Ansagen doch durchaus "politisch" und irgendwie auch so ein stückweit den ersten Anführungsstrichen des Absatzes entgegenwirkend, wäre das Prädikat queer im Endeffekt dann doch eher für das Gegenteil von geistiger Gesundheit zu verwenden. Irgendwo zwischen bemühter Jugendlichkeit/Lockerheit und seltsamen Anwandlungen der Sängerin mag das Ganze dann wohl doch deutsch-poppig in der Richtung vom kann-muss-nicht-Monster verortet werden. Vielleicht war das alles auch total gut durchdacht und voll kritisch und super engagiert, aber mir war das einfach zu anstrengend der Sängerin bei Michael Jackson-Posen und dem Sinnieren über die Bedeutung ihrer Strickjacke noch zu folgen und gehe deshalb auch schnell weiter zu dem was folgen sollte...<br /><br />Hotelzimmer Inferno aus Leipzig (und London, ein Hoch auf die Weltgewandtheit, höhö) bereiteten dann einen Auftritt über den ich sehr gern viel schreiben würde, allerdings schon beim anderen-Menschen-davon-berichten gemerkt hab, dass das gar nicht so einfach ist. <br /><br />Nun gut, die groben Grundstrukturen: fertig aussehender Schlagzeuger mit Silberjacke und Sonnenbrille, alternder Gitarrist mit Fähigkeiten, vorzeigbarer Bassist mit Emoscheitel und Explosion im hinteren Haarteil und...Frau Grande. Eine Meinung verglich musikalisch mit Hole, eine andere widersprach (weil Hole ja viel geiler sind!!!), Vergleiche hinken eh und dazu kommwa später auch noch...ich weiß nur, was mir die Ohren kaputt macht oder so. Jedenfalls find ich es grad schwierig meinen direkten Eindruck wiederzugeben, da ich mir im Nachhinein den meinungsbildenden Blog des HZI starke Verfälschungen eingefangen hab. Klar ist danach allerdings, dass bei ihnen wirklich alles vom Frau-Grande-Generalstab durchorganisiert wurde. <br /><br />Die Bühne als konstruierter Raum der totalen Kontrolle und das Konzert als Dekonstruktion/Destruktion bis hin zum wiederum totalen Kontrollverlust. Dazwischen wechselhafte Stationen zwischen Brutalität, Verzweiflung, Punkrock, Lyrik und so weiter. Kapriziös verkörpert von der Figur Frau Grande. Zur Vorstellung, Frau Grande ist ein absatzvergrößertes Wesen, dass materielle Engpässe sowohl körperlicher als auch stofflicher Natur zu einer dominanten Kunstfigur verbindet, welcher das Pendeln zwischen Klischee und Brechung der schönste Zeitvertreib zu sein scheint. In längsgestreifter Strumpfhose und glitzerndem Oberteil kann die dunkle Drama-Queen ihre Auferstehung über den Pöbel feiern. Erhabenheit, Stolz und Unnahbarkeit kennzeichnen sie. Die Nase zu weit emporgereckt, um auch nur von den (leider existierenden) sexistischen Kommentaren merkbar Notiz zu nehmen. Nichts anderes als strikte Unterordnung unter das Programm gilt von nun an...und schon dieser Ausgangspunkt ist der Grundstein des Scheiterns an den Realitäten. Die Schönheitskönigin sieht nur Hässlichkeit in ihrem Spiegel, die Gesellschaft bringt ihr Denk- und Essstörungen, die Spaltungen, Frustrationen und Ängste sitzen tief, doch trotz lebenslang latenter Suizidalität: "du kannst versuchen mich zum kotzen zu bringen, doch dein Finger steckt nicht tief genug in mir drin". Stattdessen: "Ich möchte kein Teil dieser Gesellschaft sein (...) und vor allem nicht wie du." <br /><br />Die Rosen am Mikrofon werden nach und nach zerrissen, Herzen mit Inschriften auf Vorder- und Rückseite (im Sinne von crack me - crack you, der "Personality Crisis" entnommen) im Publikum verteilt, Wasserfontänen ausgespiehen, Zusammenbrüche simuliert, Punk gemacht. <br /><br />Musikalisch werden viele Welten durchgeschritten. Von rotzigem Punkrock, untermalt durch eine mindestens ebenso rotzig krächzende Stimme samt zugehörigen Texten über melodischere Stücke, deren Gitarrenläufe wohl nur mich an Die Art erinnert haben dürften, hin zu Balladen und einem Gedicht. <br /><br />Da jedes weitere Wort sowieso nur verwässern würde, was die vorangegangenen bereits getan haben, kann ich nur hinzufügen, dass ich sehr beeindruckt war und mich irgendwie inspiriert gefühlt habe, von diesem Auftritt. Fünf von fünf oder so...truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-19856850712113746532009-03-07T22:30:00.001+01:002009-03-08T21:49:15.186+01:00Septic Dieter, Balboa Burnout, N.E.R.F. und Machete im LokalNach zwei Tagen SO36 in Folge und diversen Negativerlebnissen aus Szene und Bewegung tat der Abend mal wieder mehr als gut. Die Diskussion, ob er für uns stattfinden sollte, war mal wieder der Ausgangspunkt. Da beim Lokal nie klar ist, wie viel der Eintritt sein wird und er dann meistens höher als gedacht liegt, auch irgendwo begründet. War jedenfalls gut sich dafür zu entscheiden, denn mit 6€ für vier Bands ging er an diesem Abend auf jeden Fall noch klar. <br /><br />Bis auf die Ekel-Rauch-Stinke-Luft (manche nennen das ja 'Atmosphäre', hehe) wars schon gut gefüllt und gerade im Beginnen begriffen...noch nen Berlin-Szene-Pflicht-Getränk (Club Mate) eingeflößt und Machete beim Zocken zugeschaut. Den seltsamen Ansagen des Sängers zum Trotz ein cooler Auftritt, der mich musikalisch manchmal an Alpinist erinnern ließ, aber vermutlich gibt es in der Richtung noch deutlich treffendere Vergleiche. Gingen jedenfalls gut ab und wirkten wunderbar einstimmend auf das was noch kommen mochte. Stilistisch muss dem shoutendem Menschen jedoch zu Gute gehalten werden, dass kurze Jeans und Oberlippenbart ne top Kombi sind und so eine Ansage wie "nach 19 Liedern über Bier handelt das jetzt von so spanischen Arbeitern" schon gut kamen, vor allem in Verbindung mit dem dazu gehörigen Coverschlager "Samba Si, Arbeit no" von Roberto Blanco. Ganz großes Kino, sag ich da nur! Aber mein Verhältnis zu Schlagern gehört hier glaub ich nicht hin...<br /><br />Die Nächsten waren N.E.R.F. und unkritisch wie immer fand ich auch die ziemlich cool. Inklusive dickem KORG-Synthie lustigen Punk gemacht - Powerviolence als Label dafür, von mir aus. "No limits"-Synthie-Cover, geht klar, schicke pinke Federboas, übergroße Sonnenbrille, Luftschlangen und Cowboyhut auch. Schön abwechslungsreicher und (selbst-)ironischer Auftritt, mocht ich - auch musikalisch.<br /><br />Balboa Burnout als eigentlicher Headliner nun schon als dritte Band. Tja, schwierig das einzuschätzen. Den Auftritt fand ich schon recht gut, allerdings hab ich das Problem, dass ich durch El Mariachi (die ich nie live gesehn hab) vorgeprägt bin und dementsprechend die Musik nicht so gut fand, wie anno dazumal. Nach eingängiger Diskussion nach dem Auftritt sind mir jedoch noch mehr Dinge klar geworden. Zum Einen, dass der Grat zwischen "Rampensau" und "Proll" manchmal relativ schmal ist und zum anderen, dass der Sänger wie die Band diesen Grat perfekt verkörpern. Also klar, könnt ich mich hinstellen und das als prollig abtun. Doch selbst mit ner "Tschüssikowski ihr Arschgeigen"-Verabschiedung ist das irgendwie nicht gerechtfertigt. Da standen Menschen auf der Bühne, die einfach noch an Hardcore glauben und schon - für die Verhältnisse modernen deutschen HCs - ewig dabei waren. Glauben sollte in diesem Zusammenhang wohl eher in Großbuchstaben geschrieben werden - das Glänzen in den Augen des Sängers als Beleg dafür. Sie schienen viel Spaß an dem zu haben, was sie da machten. Und das übertrug sich auch. Die eingangs erwähnte Kritik meinerseits ändert daran nichts. Denn der Auftritt war...ja, jetzt kommt wieder das böse A-Wort...authentisch. Müsste öfters gesagt werden, denn oft gibts das nicht mehr. Klar, Bock auf ihre Musik haben viele Bands, aber ihre Verkörperung auch zu leben, nun ja. Jedenfalls sehr unterhaltsam - auch durch die Bebierduschung des Bassisten, hehe. Was ich von Balboa Burnout musikalisch nun so recht halten soll, weiß ich noch nicht, aber da waren auch einige schöne Melodien bei. <br /><br />Für den würdigen Abschluss des Abends sorgten Septic Dieter. Wiederum sehr unterhaltsam. Wenn ich das jetzt schon mehrmals geschrieben hab, so soll das keineswegs abwertend klingen, vielmehr hab ich mich den ganzen Abend über sehr gut unterhalten gefühlt, viel gelacht, gute Musik gehört und ganz viel Spaß gehabt (alkfrei! wen auch immer das interessieren mag...). Septic Dieter machen Thrash, in diesem Fall bedeutete das kurze, schnelle, lustige und politische Liedeleins, die zu überzeugen wussten. "Deutschland ist halt ein Opferland" - amen. Nichtsdestoweniger trotzdem auch "Arsch frisst Hose" und "das nächste Lied handelt von Leuten, die die Klettverschlüsse ihrer Schuhe nicht zu kriegen" (oder so ähnlich). Alles was gebraucht wird. Politisch ernst, menschlich humorig, musikalisch ausgereift (?) und insgesamt empfehlenswert. Ich überleg grad welche Band des Abends mich so stark an Dean Dirg erinnert haben - glaub es war Septic Dieter. <br /><br />Jaja, die Abende, die am Längsten in der Schwebe hängen, sind manchmal dann doch die Geilsten. War lange nicht mehr auf so einem angenehmen und positiven Konzert. War sehr fein, das alles.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-29557709791313073002008-10-24T23:30:00.001+02:002008-11-16T21:00:11.485+01:00Tesa, Silards, Insuiciety, Who's my saviour, Sugartown Cabaret in der Scharni 38Ist mittlerweile ja auch schon wieder ewig her. Trotzdem jetzt noch das Review. Vorausschickend sei zu erwähnen, dass dies mal wieder einer jener Abende war, die noch lange nachwirken und Erinnerungen produzieren, deren Bewahrung noch lange Kraft spendet. Also einer von den ganz großen. Auch wenn Tesa aus Riga alles übertrumpfte, so war die Mischung der Bands davor auch ein verdammt guter Ausgangspunkt dafür. <br /><br />Die Scharni38 kannte ich bisher hauptsächlich vom Schnarup-Thumby, die Kneipe, die ebenfalls darin beheimatet ist und ihren vormals großartig trashigen multisexuellen Parties. Leider sind die jetzt musikalisch hauptsächlich mit Elektro-Kram statt Alltime-Trash und Hits gefüllt. Trotzdem sehr nette Location, in der ich immer wieder gern bin. <br />Trotz viel zu spät da sein, waren wir zu früh. Aber das ist ja nicht ungewöhnlich.<br /><br />Den Anfang machten dan irgendwann Sugartown Cabaret. Emocore aus Frankreich und sehr angenehm. Mochte sie auf Anhieb, die Musik ist einfach mindestens genauso gut wie deren Zurschaustellung, alles passte, gelungener Auftakt. Texte kenn ich natürlich keine. <br /><br />Who's my saviour aus Rostock machten so ne Art Death Metal, der irgendwie aufgesetzt und viel zu lieb und durch völlig deplazierte Knüppelpassage mehrlustig denn bitterböse wirkte. <br /><br />Insuiciety hab ich ja nun auch schon mehrfach gesehen und fand sie auch an diesem Abend wieder fein, wobei ich teilweise sogar Zugang zu ihrem neuen Material gefunden habe, was metallischer und weniger Sludge als noch das alte (tolle) Zeugs daherkommt. <br /><br />Die drei ersten Bands habe ich jetzt nur im Schnelldurchlauf vorgestellt, weil sie zwar für einen netten Abend sorgen konnten, aber nie auch nur ansatzweise das hätten ersetzen können, was nun folgte. <br /><br />Silards ist ein Nebenprojekt von Tesa. Selber Drummer. Ob die beiden anderen auch bei Tesa sind, weiß ich grad nicht. Jedenfalls noch ne Heimorgel und ne Gitarre und komplett instrumental. Und komplett tanzbar. Sehr beschwingt und positiv das Ganze. Ich mochte es sehr, hat dem spät gewordenen Abend wieder neues Leben eingehaucht. War sehr schön, wenn auch noch lange nicht so athmosphärisch wie Tesa. <br /><br />Ein schlagzeugspielender Kumpel kam den ganzen Auftritt über nicht klar, was der Drummer da hinlegte. Und ich konnte in Ansätzen nachvollziehen was er meinte. Schlagzeugeinlagen übelster Sorte und dazu noch die Vocals - Respekt. Naturtalent, gute Übung, was auch immer, mir egal, aber der war richtig großartig. <br /><br />Vermutlich war es genau der souverän geführte, extrem abwechslungsreiche Rhythmus, der dazu führte, dass Tesa in Tiefen vordrangen, die ich sonst den wenigsten Bands, die nach Screamo-Art Musik machen, zusprechen würde. Aber vielleicht kenn ich mich in dem Sektor auch nur zu wenig aus. Envy aus Japan ist immer mein schlecht passender Vergleich, der unter Umständen helfen kann, ein wenig der Wirkung Tesas zu erklären, wenn mensch die noch nie gehört hat. Nicht ganz so episch und auch nicht so (wut)ausbruchlastig, dafür mindestens ebenso in sich ruhend und alles in sich aufnehmend. Musik, die zum versinken einlädt. Die Lieder gingen entweder ineinander über oder waren kaum zu trennen. Keine Ansagen. Augen zu und reingelegt. Abschweifende Gedanken und Bilder glücklicher Tage im Kopf, flossen die Ströme der Erinnerung im Verlauf der Melodien vor sich hin und wuchsen mit der Intensität der Musik. <br /><br />Ihre Myspace-Seite nennt unter anderem als Einflüsse Isis, Converge und Sigur Ros woran schon zu sehen ist wie weit gefasst das Spektrum und wie tief die Abgründe sind, welche Musik mit diesen Eckpfeilern beinhaltet. <br /><br />Wie lange sie gespielt haben, kann ich im Nachhinein kaum sagen, auch nicht was und wie und so weiter. Weil es empfindungsmäßig in einer anderen Realität angesiedelt war. Eine, in der es nicht ums aufnehmen und realisieren, sondern ums verschmelzen und sich Verlieren geht. Und genau das ist passiert. Fühl mich grad als würde ich über Trance oder irgendwelche andere Elektro-Mucke schreiben, aber vielleicht sind die Erfahrungen auch gar nicht so unterschiedlich. Nur, dass sie zu mehreren Zugaben gezwungen wurden und dass das bei ner Band wie Tesa heißt, dass sie mal eben ne halbe bis dreiviertel Stunde länger spielen müssen. Die Armen waren am Ende total erschöpft und es war auch schon halb fünf oder so. <br /><br />"Mal wieder" (hehe) eines dieser bewusstseinserweiternden Konzerte und obwohl ich Tesa schon einmal gesehen habe, fand ich sie diesmal noch beeindruckender und tiefergehender. <br /><br />Glatte Fünf von Fünf für den Abend.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-77720238344767090842008-10-05T22:00:00.000+02:002008-10-09T01:12:34.728+02:00Fliehende Stürme & Die Angst in der Chemiefabrik Dresden<span style="font-style: italic;"> +++Vorbemerkung: Nach Verfassen des Reviews wurden mir äußerst beunruhigende Infos (danke an killerblau dafür!) über den politischen Charakter der Vorband zuteil. Aus Faulheit ergänze ich einfach nur den Absatz, der von ihnen handelt.+++ </span><br /><br /><br />Manchmal ist Timing einfach alles. Manchmal sind solche Sprüche aber auch der absolute Schwachsinn - wie so vieles.<br />Jedenfalls hat mich der Berlin-Koller diesmal im exakt richtigen Moment getroffen - nämlich erst kurz vor der Abreise Richtung Dresden. Klappt halt doch. Manchmal.<br /><br />Der Grund Hauptstadt gegen Landeshauptstadt zu tauschen war offensichtlich ein gewichtiger. Fliehende Stürme. Das letzte Mal in der "alten" Besetzung - also jene, die ich live seit meinem ersten Stürme-Konzert gewohnt bin. Spät geboren halt.<br /><br />Dank Deutscher Bahn endete die Fahrt vorerst in Coswig. Ostdeutsche Provinzbahnhöfe sind doch das Coolste. "Sie haben noch Anschluss an Oberlippenbartensemble und Intoleranz mit erhöhter Wahrscheinlichkeit neonazistischer Übergriffsszenarien". Vielen Dank Lügen-Schaffnerin, nix mit S1 nach Schöna. Nach dem ersten Grummeln jedoch eine hauptstadtarrogante Überraschung - nur eine halbe Stunde bis zur nächsten S-Bahn. Hammer. Mensch rechnet ja immer mit dem Schlimmsten außerhalb des Berliner S-Bahn-Ringes, hehe.<br /><br />Jedenfalls kurz darauf in der Dresdener Neustadt aufgeschlagen und gerstensaftversorgt ab in die Chemiefabrik. Sehr netter Laden und gleich für perfekte Ausgangsbedingungen gesorgt. Sternburg Export im Thekensortiment, dazu Stürme und Die Angst, das gabs doch schon mal...damals in Potsdam. Und, wie sollte es anders kommen, wurde auch dieses eines der schöneren bis schönsten Stürme-Konzerte.<span style="font-weight:bold;">Allerdings mit einem bitteren Nachgeschmack...<br /><br />Die Angst. Ja, der Name passt, denn nachdem ich jetzt weiß, was mit denen geht, bekomme ich es doch auch ein wenig mit der Angst zu tun. Einer von denen spielt auch bei Sonne Hagal und die hängen in dieser ganzen Neofolk-Nazikacke tief mit drin. Ausführlicheres gibts beim Ex-Die Angst-Label:</span> <a href="http://www.thoughtcrimerecords.de/inhalt/blabla.html">Thought Crime Records</a><br /><br />Da schreib ich was über Neo-Nazis in der Provinz und schau mir selber einen auf der Bühne samt Band, die sich dazu nicht äußern will, an. Zum kotzen.<br /><br />Schon erstaunlich, dass das so wenig bekannt ist. Denn auch wenn ich die Chemiefabrik nicht kenne, so wirkte sie auf mich doch wie ein liebenswürdiger Rückzugsort linker Subkultur(en). Und wissentlich hätten die so einen Gig sicherlich nicht durchgehen lassen. Krasse Scheiße jedenfalls. Den Rest, den ich über die Angst schrieb, lösch ich raus. Mich würde nur interessieren, wovon eines ihrer Lied handelte, in dessen Refrain "Auschwitz" und "Bergen-Belsen" fielen. Mehr war nämlich für mich nicht zu verstehen und nach diesen Erkenntnissen wirkt das doch mehr als zynisch alles...und es zeigt, dass der Grat zwischen "dunkler" Musik und religiösen/ rassistischen/faschistischen Ideologien unglaublich schmal ist. Unpolitisch gibts halt doch nicht. Gerade vor diesem Hintergrund finde ich es gut, dass Fliehende Stürme auf ihrem neuen Album wieder deutlichere Worte finden, die an die guten alten Chaos Z-Tage zurückdenken lassen: <br /><br /><span style="font-style:italic;">Hör nicht hin/ Nur noch Wut/ Es ist falsch/ Leerer Raum/ Immer das Gleiche/ Schon gelebt/ Keine Heimat/ Nicht existiert (Fliehende Stürme - Ex-ist) </span><br /><br />oder halt die klassische Absage an Deutschland und den ganzen dazugehörigen Dreck:<br /><span style="font-style:italic;">"Ich glaube nicht an dich/ Ich spucke dir ins Gesicht/ Und mich, mich kriegst du nicht" (Chaos Z - Krass)</span> <br /><br /><span style="font-style: italic;">Aber, da ich das ja wie gesagt das alles erst hinterher erfuhr, ging der Abend unbetrübt und gutgelaunt weiter:</span><br /><br />Und die Stürme. Dürfte mein neuntes Konzert mit ihnen gewesen sein. Sehr beruhigend zu wissen, welche Auswirkungen ein Stürme-Konzert haben kann und wird. Die entnervenden Tage und Wochen vorher mit sternburgbelasteter Stürme-Athmosphäre weggespült - einfach eine perfekte Entgiftungs- und Entrümpelungskur gegen Berge aus kontaminiertem Gedankenmaterial. Und mit der Gewissheit, dass das passieren wird, lebt sichs doch gleich viel freier.<br /><br />Jedenfalls waren mal wieder all die essentiellen Bestandteile eines Stürme-Konzertes vertreten und auch die zusätzlichen Liedelchen trafen meinen Geschmack. Von "das Chaos brütet" über "Alles Falsch", "An den Ufern" und "Tag der Armut" bis hin zu "Die aus dem Schatten springen" und "Killerblau" riss jedes Lied tiefere Furchen in die Kehle, welche von der ersten bis zur letzten Zeile jedes Lied der Bühnen-Klangwand entgegenschleuderte.<br /><br />Leerschreien. Was für ein befreiendes Gefühl.<br />Erstaunlich, dass ich danach kein bisschen heiser war.<br /><br />Auch von den neuen Sachen wurde viel gespielt. "Lunaire" und "Bakterien", aber auch "Erinnerung", "Kind" und so weiter. Die Mischung hat gestimmt - weil sie einfach ganz viel gespielt haben. Sie konnten sich zwar nur zu zwei Zugaben überreden lassen, aber das hat schon gepasst, denn die wichtigsten Lieder fielen ja bereits.<br /><br />Was mir mal wieder besonders positiv auffiel ist die beinahe Unsichtbarkeit der Band. Sie kommen auf die Bühne, wünschen einen guten Abend, trinken ihre Biere, rauchen ihre Zigaretten, sagen wie das nächste Lied heißt und spielen es runter. Irgendwann wünschen sie eine Gute Nacht und "kommt gut nach Hause" und das wars dann.<br /><br />Keine bescheuerten Ansagen, keine unnötige Selbstdarstellung, keine "Choreographie". Einfach nur Fliehende Stürme. Texte und Musik reichen aus, um alles zu (er)klären.<br />Mehr bedarf es nicht.<br /><br />Das beeindruckte mich schon beim ersten Mal. Und das wird es noch oft tun. Auch wenn es mittlerweile dank Routine nicht mehr dasselbe ist, wie vielleicht das erste oder zweite Mal - so bleiben es doch immer wundervolle Momente der Weltentbundenheit, um nicht zu sagen Freiheit. Oder noch pathetischer: Dunkelfreiheit. Ja, vermutlich relativ genau so:<br /><br /><span style="font-style: italic;">"Ich will durch die Zeiten wüten - nichts tun, was mir nicht gefällt</span><br /><span style="font-style: italic;">Whiskey trinken in der Hölle - Stimmung ist so killerblau<br /><br />Drück mich kräftig doch halt mich nicht zurück<br />Drück mich kräftig - ich suche das Glück"</span>truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com3tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-70602283767832008792008-10-03T23:00:00.005+02:002008-10-04T23:00:47.440+02:0003.10. Kafkas, Culm und Grizou im Lokal (Berlin)<span style="font-weight: bold;"></span>Der Tag der deutschen Einheit ist ja tendenziell eher ein Tag für Grummelstimmung zwischen patriotischen Radiomoderationen und Festlichkeiten für keine Ahnung wen. Aber mit einer Dauerschleife "Deutschland has gotta die" von Atari Teenage Riot und der Gewissheit, dass es am Abend noch ein schickes Konzert geben wird, können darüber hinwegtrösten, dass es einfach ein Scheißtag ist.<br /><br />Am meisten hab ich mich merkwürdigerweise nicht auf die Hauptband gefreut, nein, vielmehr wollte ich endlich Grizou (aus Berlin) wieder sehen. Zwei Mal sah ich sie in der Vergangenheit bereits als Vorband. Einmal von The Devil in Miss Jones und einmal von den Boxhamsters. Letztere spielten sie locker unter den Tisch und auch wenn ich die Aufnahmen, die ich von Grizou habe (also das Gratiszeug ausm Netz), eher mäßig bis ganz gut finde, sind sie live doch mehr als lohnenswert (weil schneller und härter!).<br /><br />Sie machen einen Stil, den es viel zu selten gibt. Musikalisch im Deutschpunk verwurzelt, aber trotzdem an den Instrumenten fit, schöne Melodien, verbunden mit einem Gesang, der beste Screamo-Qualitäten aufweist und schon gibt das ne schicke Mischung. Weiß gar nicht, was ich großartig dazu schreiben soll außer, dass sie mich wieder einmal ziemlich begeistert haben. Die neuen Sachen (wie neu sie auch immer sind), klingen teilweise richtig gut - am meisten hat mich jedoch gefreut, dass sie ihr Konzert mit meinem Liebling "Das Leben ist schön" beschlossen.<br /><br />Danach waren "Culm" (aus Rheine) an der Reihe. Die gaben ihr letztes Konzert und bezeichnend war wohl, dass es in Berlin als Vorband der Kafkas und nicht in ihrer Gegend als IHR Abschiedskonzert stattfand. Dementsprechend war auch die Musik. Ganz nett, aber irgendwie doch nur Schublade Indie-Rock (und nicht "Post-Core" wie auf den Plakaten) und ohne Zugabe von der Bühne. Blass und schnell vergessen. Auch wenn es fies ist, so etwas über ein Abschiedskonzert zu schreiben und natürlich nur das ist, was ich empfunden habe.<br />Ich hoffe ehrlich, dass es anderen Menschen anders erging. Sonst wärs wirklich fies.<br /><br />Und dann auch "schon" die Kafkas, war ja erst mitten in der Nacht, weil das Konzert so spät begann. Jedenfalls, Kafkas. Hab ich in meiner Teenie-Deutschpunk-Zeit relativ oft gehört. Also das Album "Privilegienthron". Mit mehr hatte ich damals nicht viel zu tun - den Rest erst später beiläufig entdeckt. Und fürn Fünfer sieht mensch doch gern mal so ein Stück Jugend. Am Treffendsten für diesen Auftritt ist vielleicht der Begriff "schräg".<br /><br />Zwischen reich verteilten Pöbeleien des Sängers an seine Mitmusizierenden und der Feststellung, "dass ihr das geilste Publikum seid, dass wir je hatten - danke Hamburg!" gabs auch Musik. Die war laut und bei den Liedern, die ich kannte auch sehr schön - weil mitsingen können und so. Die neuen Elektropunk-Tracks kamen vom MP3-Player, der nicht so recht wollte, und irgendwo auf dem Boden kurz vorm Drauftreten lag. Die gerissene Saite sorgte für minutenlange Kleinkunstaction. Die Einlage einer Zuschauenden mit so nem Karnevals-Song von wegen totem Mops oder so, war nur beim ersten Mal lustig - beim zweiten Mal eher anstrengend. Auch die Einbindung einer Pöbelecke eher nervig - denn Menschen, die sexistische Beleidigungen von sich geben, brauchen meines Erachtens nach, nicht noch extra Bühne und Aufmerksamkeit zu erhalten.<br />Gab aber auch schön Vegan- und Tierrechtspropaganda und so soll das doch auch sein. Wenigstens ein steckenpferdiger Anfang, um die p.c.-Ehre zu retten.<br /><br />Die Songauswahl hat im Endeffekt auch ganz gut gepasst, auch wenn ich weniger kannte als angenommen. Aber gibt ja auch bald ein neues Album. Sehr gefreut hab ich mich über "Lebensrezeptur".<br /><br />Skurril und teilweise beinahe schon absurdes Theater, aber ein schöner Gig.<br />Und ein schöner Abend.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-41751213813292390452008-08-02T18:00:00.001+02:002008-08-10T22:37:45.461+02:00Sucks'n'Summer 2008 - SamstagDa am selben Tag in Leipzig der Rave für Tierbefreiung statt fand, musste ich vorerst mit elektronischer Musik vorlieb nehmen und verpasste einige der frühen Bands. Voll mit elektronischen Beats musste dann der Hardcore seinem Namen erstmal gerecht werden.<br /><br />Die ersten, die ich sah, waren eine lang verschollene Früh-Jugend-Erinnerung: <span style="font-weight: bold;">Misconduct</span>. In eben jenem AJZ Leisnig waren sie Hauptbestandteil meiner allerersten Hardcore-Show. Keine Ahnung wann das war, scheint Ewigkeiten her zu sein. Jedenfalls war die Show großartig und Misconduct auch. Ein wenig verlor ich sie aus den Augen, doch es war hübsch sie einmal wieder zu sehen. Auch wenn vor der Open Air-Stage gegen 18:00 noch nicht so viele Menschen versammelt waren und nur einige eingefleischte Fans für Stimmung sorgten. Dazu gehörte ich allerdings merkwürdigerweise auch recht schnell wieder. Denn ihr süßer schwedischer Melodycore mit den plakativen Texten, geht schnell ins Ohr und viele Lieder konnte ich auch nach Jahren noch mitsingen. Sehr angenehmer Einstieg, auch wenn ich an Unity und Hardcore Pride irgendwie nicht mehr so recht glauben mag. Erstaunlich, dass das bei ihnen trotzdem nie prollig oder machomäßig wirkt, sondern aus tiefster Überzeugung heraus entstanden zu sein scheint. Menschen mit Überzeugungen.<br /><br />Weiter ging es mit <span style="font-weight: bold;">All for Nothing</span> aus den Niederlanden, die mit ihrem schweren female-fronted Hardcore alles überrollten und die Stimmung anzuheizen vermochten. Relativ coole Band, die mensch sich gern mal geben kann. Allerdings auch nichts, was jetzt irgendwie sonderlich herausragt.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Sworn Enemy</span> wollten wir bewusst verpassen, durch einen unvorhergesehenen Line-Up-Dreher, verpassten wir aber stattdessen <span style="font-weight: bold;">Wisdom in Chains. </span>Sworn Enemy machen metallischen Bollokram. Muss ich mehr sagen?<br /><br />Danach dann allerdings eine Überraschung: <span style="font-weight: bold;">The Architects</span>. Die waren richtig geil und erinnerten in ihren besten Momenten an Dillinger Escape Plan. Ein breites Grinsen im Gesicht für ihr professionelles Gefrickel da oben. Sehr schnell unterwegs und technisch immer für eine unerwartete Wendung gut. Haben sehr viel Spaß gemacht!<br /><br />Und waren doch nur Wartezeitüberbrückung für die heiß ersehnten <span style="font-weight: bold;">Bane. </span>Auch ganz in der Gegend, nämlich im Jugendhaus Rosswein, sah ich sie vor einiger Zeit das erste Mal und die Jungs aus Massachussetts vermochten es doch glatt meinen Glauben an Hardcore wieder herzustellen. So eine Aufrichtigkeit, so ein Commitment und so viel Herzblut, was sie verströmen - das steckt an. Die leben Hardcore mit allem was das heißt - und das schon seit vielen Jahren. Und bleiben den Idealen treu, von denen die neueren Hardcore-Generationen so wenig wissen wollen. Leicht gealtert stehen sie da auf der Bühne und schaffen es (nicht nur mich) noch immer zu elektrifizieren. Für die verliere ich doch gern im riesigen Outdoor-Circle Pit meinen Schuh. Wenn mir dann Leute wieder aufhelfen und mir zeigen, dass es das alles noch gibt, was Hardcore heißt.<br />Und kommen dann die Anderen, die "neuen", dann ist klar was passiert. Ein Typ hat einem anderen paar gelangt - einfach so. Bane beenden ihr Lied und sagen, dass sie nicht weiter spielen, bis dieser Typ sich verpisst. Weil sie so etwas nicht haben wollen auf ihren Shows. Weil sich so etwas nicht gehört auf Hardcore-Shows. Und weil viel zu wenige Bands das Maul aufmachen, wenn es so weit kommt. Weil jene Bands die Kids im Pit scheinbar nicht mehr interessieren.<br /><br />Ich bin so froh, dass es noch Bands wie Bane gibt. Und solange sich das nicht ändert, glaube ich auch weiterhin manchmal noch an Hardcore und alles was damit zusammen hängt.<br /><br />Ein Beispiel mag vielleicht sein, dass ich bei Weitem nicht Straight Edge bin. Allerdings verbietet es mir der Respekt vor den Bands und deren Lebenseinstellungen auf Hardcore-Shows zu trinken (rauchen sowieso nicht). Schade, dass ich damit relativ alleine da stehe.<br /><br />Denn gleich danach kam der Vorschlaghammer, die Ideale zu zertrümmern. <span style="font-weight: bold;">All Shall Perish</span>. Widerlicher Metalcore für Tough Guys, wobei das -core auch getrost weggelassen werden kann. Das hat nichts mehr mit dem zu tun, was Hardcore mal hieß und teilweise noch heißt. Ich bin auch gleich gegangen.<br /><br /><br />Wie bereits am Freitag wurde das Festival gegen Mitternacht wieder ins gemütliche AJZ verlagert und noch einmal richtig Gas gegeben.<br /><br />Begonnen wurde mit <span style="font-weight: bold;">Strength Approach</span> aus Rom, die viel mit den sich noch anschließenden <span style="font-weight: bold;">To Kill</span> zu tun haben, die ebenfalls aus Rom kommen. Sowohl musikalisch als auch meinungsmäßig und von ihrer Klasse her, stimmen sie so mit To Kill überein, dass ich auch gleich über die schreiben kann. Sehr schnell, leichte Metallkante (Strength Approach nicht so sehr), aber trotzdem Hundert Prozent Hardcore. Vegan Straight Edge - Commitment for Life. Hehre Ideale, hochpolitisch und krasse Mucke. Zwei Bands, die unheimlich Spaß machten. Schade, dass mir schon so viel in den Knochen steckte, sonst hätte ich mich liebend gern zu beiden verausgabt. Unbedingt mal geben, wenn die in der Stadt sind.<br /><br />Tja, und auch wenn bzw. weil es eigentlich kaum noch besser werden konnte, musste das halt trotzdem noch passieren.<br /><br />Den krönenden Abschluss des diesjährigen Sucks'n'Summers bildeten die großartigen <span style="font-weight: bold;">Tangled Lines</span>, die großteils aus Dresden kommen. Den Drummer teilen sie sich mit Vitamin X und wer die kennt, weiß wie rasendschnell der ist. Auch stilistisch sind The Tangled Lines in dieser Richtung zu verorten. Sauschnell, laut und den Idealen des Hardcore noch immer verhaftet. Dazu ein schöner "Hauch" Ostigkeit - der Gitarrist mit langen Haaren und Oberlippenbart könnte auch einer 70er-Jahre-DDR-Rockband entsprungen sein - inklusive Dialekt. Die alte Schule mit schnellerem Beat.<br /><br />Für Hardcore (leider) genau so ungewöhnlich wie wohltuend, dass es eine Sängerin gibt. Und auch wenn ich es doof finde, plötzlich mit Schwärmen anzufangen, wenn da mal kein Typ auf der Bühne steht, aber die Frau ist einfach bezaubernd. Die Freude, der Glanz in den Augen, die Ansagen, da steckt noch Feuer und Energie dahinter. "Zum Glück sind die Windmühlen schon nach Hause gegangen - wer hier Windmühlen machen will, kriegt von mir persönlich paar mitm Knie in die Eier" und alles ist geklärt. Kein Metal-Mosh, kein Tough-Guy-Shit, nur Stage-Diving, Circle Pits und dick Pogo. So macht Hardcore noch Spaß. Leider war ich selbst -wie gesagt- nach den beiden Tagen total platt, so dass ich nicht mehr viel mitgemacht hab, aber diese Band ist einfach zu geil. Poltern in einer atemberaubenden Geschwindigkeit los und kaum ist das Lied zuende, entschuldigt sich die Sängerin, dass sie langsamer geworden sind, weil sie nicht mehr so oft auftreten. Da sind die Sympathien klar verteilt. So liebe ich Hardcore. Ohne Bollos, Hools, Metal-Anleihen und Tough-Guy-shit. Stattdessen authentischer Hardcore, bei dem alle Spaß haben sollen.<br /><br />Das Lustigste war das Ende. Nach einer Zugabe meinte die Sängerin, dass sie nichts mehr können und ihre Stimme im Arsch ist. Nach ewigen Diskussionen meinte sie dann, dass ja ein oder mehrere Menschen aus dem Publikum noch ein Lied singen könnten. Und so geschah es dann. Zwei-drei Typen kamen auf die Bühne und performten ein Tangled-Lines-Stück. Sehr sehr hübsch. Wie die Tangled Lines insgesamt und To Kill und Bane und all der Hardcore-Spirit, der einmal mehr seinen Weg in mein Herz fand, so prekär und zerbrechlich er auch sein mag.<br /><br />Und so bin ich versöhnt und beglückt nach Hause gegangen. Endgeile Show. Tolles Festival.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-10784078884689802592008-08-01T16:00:00.004+02:002008-08-10T22:56:49.972+02:00Sucks'n'Summer 2008 - FreitagDas Line-Up des diesjährigen Sucks'n'Summers verhieß schon im Vorfeld nicht zu viel Gutes. Aber da ich nur wenige Kilometer von Leisnig aufgewachsen bin und dort noch immer das ein oder andere bekannte Gesicht herumgeistert, wollte ich natürlich auch dieses Jahr wieder hin.<br />Ironisch mag daran vielleicht erscheinen, dass ich dieses Festival das erste Mal gerade in jenem ersten Jahr besuchte, in dem ich nicht mehr in der Gegend ansässig war.<br /><br />Nachdem für dieses Jahr auch noch Verse abgesagt hatten, war ich wirklich am Grübeln, ob es mir gefallen würde. Viel Metal, viel "Bollo" und nur wenige Highlights.<br /><br />Überhaupt scheint das Sucks'n'Summer ein gutes Spiegelbild der Hardcore-Szene an sich zu sein. Politik findet nur noch am Rande, an einigen Antifa- und Mob Action-Ständen statt und Konsum und "neue" Szeneidentität prägen das Bild. Zu dieser neuen Identität gehört ein unglaublich stumpfes Selbst-Abfeiern und widerliches Männlichkeitsideal. Straight Edge verkommt zu einem Dogma für Machos, die damit nur noch Stärke, Stolz und Selbstbeweihräucherung verbinden, mehr aber auch nicht. Und die anderen geben es einfach ganz auf und saufen sich die Birne zu, bis sie zu späterer Stunde lauthals rumprollen.<br /><br />Sinnbildlich für die Organisation auch der Info-Flyer, auf dem zum Melden von braunem Gesocks aufgerufen wird - der allgegenwärtige Sexismus in der Szene wird jedoch nicht einmal thematisiert. Ebenfalls finde ich diese Pseudo-Toleranz total verlogen, nach welcher "food for everyone" angepriesen wird. Das äußert sich in drei Ständen, welche neben veganem Fast-Food auch diverse Tierausbeutungs- und Tiermordprodukte feilbieten. Stellung zu beziehen für Tierrechte wäre wohl zu viel verlangt. Stattdessen wird den Konsument_innen die ganze Palette vorgesetzt und jede strukturelle Verantwortung für falsche Konsumgewohnheiten abgelehnt. Der politische Anspruch endet halt leider bei Anti-Nazismus, der in der Region ja schon beinahe selbstverständlich ist bzw. sein muss, da eine Nicht-Positionierung zu diesem Thema quasi ausgeschlossen ist. Die Konzepte von "Good night white pride" bzw. "Let's fight white pride" nahmen nicht umsonst auch hier ihren Ausgang. Trotzdem natürlich verdammt gut, dass es in der Provinz Menschen gibt, die sich so dezidiert gegen Neo-Nazismus einsetzen.<br /><br />Aber gehen wir über zur Musik. <span style="font-weight: bold;">Morda</span> hatten wir verpasst und kamen zu <span style="font-weight: bold;">Coliseum, </span>die zwar Hardcore der cooleren Sorte machen, aber für mich zur Lachnummer wurden, als ich sie zwei Tage später ein weiteres Mal als Vorband von Converge sah. Da meinte der Sänger nur, dass er zwar froh ist, bald wieder in den Staaten zu sein, aber sehr neidisch auf das europäische Krankenversicherungssystem ist. Denn sein Haus, sein Auto und seine Gitarre kann er sich abschminken, wenn er in Amerika Krebs kriegt. Vielleicht sollte er mal ein Lied über die endgeilen europäischen "Wohlfahrts"-Staaten schreiben...<br /><br /><br />Es ging weiter mit <span style="font-weight: bold;">War from a Harlots Mouth</span>, die mit <span style="font-weight: bold;">Full Speed Ahead</span> tauschten, weil die "quasi-lokalen" aus Leipzig, im Stau standen. Ironie. WfaHM machen auch ziemlich schicke Musik, die wohl irgendwo zwischen Jazz und Grindcore zu verorten ist, was mir sehr gefiel. Die werd ich mir mal wieder anschauen. Full Speed Ahead, nun endlich eingetroffen, zockte danach auch gleich guten Bollo-Hardcore, der Sparte Make it count. Ist schon Berliner Bezirksnummerngeprolle lächerlich, so setzen FSA mit ihrem Song "0-four-two-seven-seven" dem ganzen die Krone auf und zeigen mit ihrer Ode an ihre Leipzig-Connewitzer Postleitzahl, warum ich sie als "Bollo" verorte. Naja, wenigstens haben sie einen Song namens "Good night white pride" am Start, der zwar textlich auch sehr dünn ist, aber doch den guten Willen zeigt.<br /><br />Weiter gings mit <span style="font-weight: bold;">No Turning Back</span>, die vielleicht auch ein wenig prollig daherkommen mögen, aber die Niederländer wirken wenigstens...hm..."authentisch" wäre das erste Wort, das mir einfällt. Also sie leben Hardcore noch, mitsamt vieler der alten Ideale. Außerdem sind sie live ziemlich gut und kitzeln aus dem Durchschnittshardcore wenigstens noch das bisschen Potenzial heraus, was er her gibt. Deshalb möchte ich sie auch gar nicht schlecht reden, denn fernab meiner persönlichen Vorbehalte machen sie einfach mal Stimmung bei den Hardcore-Kids. Und das ohne Violent Dancing.<br /><br /><span style="font-weight: bold;">Integrity</span> spar ich mir an dieser Stelle großteils. Viel zu wütend bin ich noch immer über die Vorfälle beim Converge-Konzert als sie während einer (einseitig provozierten) Schlägerei einfach weiter spielten ohne sich auch nur einen Dreck darum zu kümmern, was da unten vor sich ging.<br />Auch sonst ist nix Gutes zu denen zu sagen. Einfallsloser US-Bollo-Scheiß mit harter Metal-Kante. Von mir aus auch Metalcore. Irgendso ein eintöniger Kack halt.<br /><br />Den Abschluss des Abends auf dem Open-Air-Gelände machten <span style="font-weight: bold;">The Bones</span>, die mit ihrem alkohollastigem punkigen Rock'n'Roll da ja mal so gar nicht hinpassen wollten. Waren ganz nett anzuschauen, aber nach ein paar Liedern versumpfte das Ganze auch in Eintönigkeit.<br /><br />Mittlerweile war es Mitternacht und das AJZ öffnete seine Tore. Der Indoor-Anfang wurde der lokalen Band <span style="font-weight: bold;">Commander Control</span> anvertraut, die ihre Sache (wie immer) sehr gut machten. Entsprechend des "Umfelds" machen sie feinen Hochgeschwindigkeits-Old-School-Hardcore, der weder die neumodische Metalscheiße, noch die Bollokacke kennt und stattdessen mit einer wütenden Sängerin politische Inhalte und Hardcore-Lifestyle auf einer einfachen Ebene zu verbinden weiß. Gut so. Schön, dass es so etwas noch gibt.<br /><br />Weiter ging es mit meinem Highlight des Tages: <span style="font-weight: bold;">Something Inside</span>. Ich kannte die vorher gar nicht und bin auch grad ein wenig verwundert darüber, dass die Jungs aus Senftenberg kommen, denn ihre Ansagen waren durchgängig englisch. Naja, seis drum, denn was sie sagten und zockten, war verdammt groß. Kein Wunder bei Youth of Today als Haupteinfluss. Politische Ansagen, u.a. auch zu den zehn Menschen in Österreich, die nur für ihre Tierrechtsarbeit in den Knast gesteckt wurden und vieles was einfach viel zu selten gesagt wird, fiel dann. Respekt.<br /><br />Da ließ ich mich dann auch nicht zwei Mal bitten und schwitzte mir im Pit die Poren leer. War schon lange nicht mehr am moshen und Circle-Pit-rennen, aber die Freude bei einer inhaltlich und musikalisch sehr coolen Band in Bewegung zu sein, kam sehr schnell zurück. Fein fein.<br /><br />Danach waren <span style="font-weight: bold;">Make it Count</span> aus Berlin an der Reihe. Für mich so ungefähr der Inbegriff stumpfen Bollo-Hardcores. Aber ne Menge Leute wollten sie sehen und rannten auch mit deren Tshirts rum. Nicht zu unrecht möchte ich bei den meisten meinen. Denn wer auf machohafte Selbstbespiegelung steht, kommt da auf seine Kosten. Ich bin nach ein paar Liedern gegangen. War eh durchgeschwitzt und müde und hab sie letztes Jahr schon gesehen. Bin da allerdings auch eher gegangen. Hat wohl Gründe.<br /><br />Alles in allem ein netter Festivaltag, der leider mit Ausnahme von Something Inside keine Riesen-Highlights bereit hielt.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-52997872575979005612008-07-12T18:00:00.005+02:002008-07-14T20:36:14.605+02:00Unterwegs in Sachen Punkrock - III. Kemnader Chaosfestival<span style=";font-family:arial;font-size:100%;" >Was gibt es für eine bessere Einleitung als:</span><span style="font-size:100%;"><br /><br /></span><span style=";font-family:Arial;font-size:100%;" >"5 Punks und ein Fahrschein, Dosenbier<br />und Rotwein so brechen wir auf.<br />Ein Prost auf die Bahn, denn sie läßt uns fahr'n<br />Und wir sind gut drauf" (Terrorgruppe)<br /><br />?<br /><br />Ok, wir waren zu zehnt, aber die Grundaussage bleibt dieselbe. Morgens um acht mit<span style="font-weight: bold;"> Dirrrty Sanchez from Outta Space</span> in Berlin aufgebrochen, vorher beim Späti noch das Portemonnaie geleert und ab ginga. Magdeburg. Braunschweig. Bielefeld. Bochum. Bus. Brücke. Aufm Weg viel Bier gekillt, lustige bis seltsame Begegnungen gehabt und Paderborner als Sterni-Methadon entdeckt und trotz der Andersartigkeit in seinen Vorzügen gepriesen.<br /><br />Wie gesagt, war da noch eine Brücke (nach dem der Bus ewig durch Bochum gefahren ist...sind dort die Busse einfach langsamer oder fahren die drei Mal im Kreis, um den Eindruck einer Weltstadt zu suggerieren?) und drunter schrammelte sich schon eine Punkband warm. Das war <span style="font-weight: bold;">die Obrichkait</span> von der ich aber bis auf ein wenig drögen D-Punkbrei nicht viel mitbekommen hab. Lieber an der Ruhr chillen und die letzten Sonnenstrahlen genießen. Und Klischees über Bord werfen. Hier Bochum, dort Dortmund und dazwischen ganz viel Grün, was sich schon fast Natur schimpfen kann. Nur die Flugzeuge und die Autobrücke passen dann doch wieder.<br /><br />Lustig auch die Menschen dort. Punks, die schon seit dreißig Jahren dabei sind. Antifa/Antispe-Menschen. Junge Punks. Oi-Skins. Und allerlei wunderliche Gestalten. Angenehme Mischung, mit Paderborner runtergespült. Pegel gehalten und ausgebaut zu <span style="font-weight: bold;">Nuke Strike</span>, welche die prolligsten HC-Elemente mit Punkrock verbanden und naja..."ganz nett"...waren. Also nichts sonderlich Besonderes, unter der Brücke hats aber ordentlich gescheppert, was dem Ganzen dann doch sehr geholfen hat. Laut wars jedenfalls.<br /><br />Danach irgendwann <span style="font-weight: bold;">Hiroshima mon amour</span>, die schon mehr Stimmung gemacht haben bzw. richtig gut waren. Ältere Herren, gute Musik (verbunden mit dem nötigen Gitarren-Know-How) und angenehme Grundstimmung. Wenn da nicht noch das (unvermeidliche...) Rio-Reiser-Cover gekommen wäre und sie nach eben jenem gefühlte und praktisch durchgeführte 15 Zugaben gespielt hätten, wären sie schon sehr schick gewesen. Aber: dass sie in diesem Rahmen aufgetreten sind und für lau so ne Show abgeliefert haben, Respekt. Hat mir gefallen.<br /><br />Ja, und dann kamen die Sieger_innen der Herzen und Gipfelstürmer_innen der Musikalität. </span><span style=";font-family:arial;font-size:100%;" >Prosecco-Tunten-Schlager-Punk. Vom Feinsten. </span><span style="font-size:100%;">Großartige Kostüme von der Kittelschürze über die blonde Perücke, zum Cocktailkleid, Lippenstift und feschem Bart. Da war alles echt...toll inszeniert. Gassenhauer wie "Beiß nicht gleich in jeden Apfel" oder "Liebeskummer lohnt sich nicht" mischten sich da mit illustren Geschichten über das Geheimnis des langen Lebens von Queen Mum (ihr gnadenloser Gin-Konsum...woraufhin auch das Publikum dieses Lebenselixier zu kosten bekam), darüber, dass das Wollschwein weder hier noch woanders zur Fleischverarbeitung bestimmt ist (auf niederländisch! Wolvarken is keen Salami...oder so ähnlich) und und und. Da reihte sich Klassiker an Klassiker und das Publikum johlte und tanzte außer sich vor Ekstase.<br /><br />Ach ja, dass es ihr erster Auftritt war, erwähnte ich bereits? Jedenfalls war es auch fernab jeder Lobhudelei ein sehr schöner Gig und es hat mich sehr gefreut, dass das Feedback so positiv ausgefallen ist.<br /><br />Mit halbwegs wärmenden Lagerfeuer und der Sehnsucht nach nem Bett ging es dann gegen vier mit dem Nachtbus zurück in die Bochumer Innenstadt. Um im Bahnhof irgendwelchen Quelle-Katalog-Bestellern (in Berlin heeßt dit "Opfer") beim sich gegenseitig verkloppen zuzuschauen. Anthropologie live. Noch schnell ne Pommes vom Imbiss geholt und dann am Bahnsteig schlottern. Stimmung grummelnd. Übermüdet. Frierend. Dann Dortmund. Bielefeld. Braunschweig. Magdeburg. Berlin. Sonntagnachmittag um drei. Wochenende wat willste mehr?<br /><br />Wiederholenswert.<br /><br /><br /></span><span style=";font-family:Arial;font-size:100%;" ><br /><br /></span>truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-2872965976694772692008-06-27T11:00:00.000+02:002008-06-27T11:20:16.989+02:00Updates...Es ist, wie immer, viel passiert. Deshalb wird es in Kürze auch eine ganze Reihe neuer Reviews geben. Wenn nur die Zeit nicht immer so knapp wäre (oder ich mit ihr sinnvolle Sachen anstellen würde ;-)<br /><br />Ganz zentral ist dabei natürlich das Wochenende mit EA80, freitags in Berlin, samstags in Leipzig. Mittlerweile auch schon wieder zwei Wochen her.<br />Da das aber an sich unbeschreiblich war, dauerts wohl auch noch ne Weile bis sich mein plötzlich wieder aufbrandender Perfektionismus hinreißen lassen wird, auf "Post veröffentlichen" zu klicken.<br /><br />Bis dahin,<br />*parole rauswühl*<br />stay punk.<br /><br />P.S. Ach wie schön, dass ich jetzt nichts mehr in der Zukunft veröffentlichen kann...wtf?!?truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-50405549464326468102008-06-21T16:00:00.005+02:002009-07-03T16:10:32.793+02:00Einige Eindrücke vom Fête de la musiqueSeit einigen Jahren nun schon findet in Berlin das "Fête de la musique" statt, welches, ursprünglich in Frankreich mit dem Gedanken auch weniger Begüterten Kultur nahezubringen, Anfang der 80er entstanden ist. In der ganzen Stadt sind Straßenmusikant_innen, professionelle Bands und Künstler_innen aller Art und jeden Stils anzutreffen und selbst die Gräßlichkeit des deutschen Ordnung-und-Sauberkeits-Primat ist, durch Aussetzung der Straßenmusikverordnungen, mal für ein paar Stunden mit einem Regenbogen ins Gesicht gemalt.<br /><br />Ich für meinen Teil sah es als gute Gelegenheit an, mir mal wieder ein paar Bands anzuschauen, die ich noch nicht kannte und mich musikalisch weiterzubilden.<br /><br />Los ging es für mich 16.00 Uhr am Mauerpark mit <span style="font-weight: bold;">The Ghost of Tom Joad</span>, die auf myspace noch ganz nett geklungen haben, aber mich irgendwie nicht so wirklich überzeugen konnten. Lag wohl neben der ekelhaften Kommerz-Stimmung (nein, ich nenne die verantwortlich Firma nicht) auch am Schulband-Rock-Sound. Etwas enttäuscht, aber noch immer guten Mutes ging es weiter zur Kulturfabrik in Moabit. Genauer gesagt, dahinter. Dummerweise haben wir uns auf dem Weg dahin verfahren und so Einiges verpasst. Hinter der Kulturfabrik war eine mittelgroße Bühne aufgebaut und den ganzen Tag gab es feine Dunkelmusik auf die Ohren. Zwischen Gothic-Rock, Dunkelelektronik, Metal, Wave und Gothic-Punk war für Schwarzgewandete und Sympathisierende sehr viel aufgeboten. Wir sahen um diese Uhrzeit leider nur <span style="font-weight: bold;">Decades</span>. Die haben zu zweit sehr angenehmen Wave mit Computer und Gitarre aufgeboten. Klang alles sehr nach Depeche Mode, was nach Eigenaussage auch gewollt war. Und alles andere als verkehrt war. Leider gab es einige Verzögerungen im Ablauf, so dass wir bereits weiter mussten, denn am Cassiopeia sollten <span style="font-weight: bold;">We once loved</span> spielen. Da wir erst einmal ne Weile an der falschen Bühne standen und - von der poppigen Musik abgeschreckt - noch mal Getränke sicherten, haben wir die komplett verpasst. Glücklicherweise haben wir unseren Irrtum aber genau dann entdeckt, als <span style="font-weight: bold;">Trip Fontaine</span> begannen. Sehr sehr geiler Improvisations-Hardcore. Nichts Festgelegtes, dafür mal ein wenig Elektronik, ein wenig Gejamme, drei Gitarren und viel gute Laune. Und wer das <span style="font-style: italic;">Zeitstrafe</span>-Label kennt und meiner Aussage, dass sie da wirklich gut reinpassen, Vertrauen schenkt, kann sich ungefähr vorstellen, in welchem Rahmen das alles abläuft. Jedenfalls sehr schön gewesen, nun aber schnell weiter.<br /><br />Wieder zurück zur Kulturfabrik, um zu sehen, dass <span style="font-weight: bold;">Frank the Baptist</span> schon losgelegt haben. Die machen Musik so, wie ich sie liebe. Dunkel, punkig, wavig. Die Stimme von Frank in bester Horrorpunk-Manier relativ weich und hoch, die Gitarren als seien sie in der Zeit stecken geblieben oder kommen direkt aus den frühen Achtzigern, genau wie die Musik insgesamt. Aus einer Zeit, in der Gothic und Punk noch dasselbe bedeuteten, schienen auch große Teile des Publikums zu stammen. Manche gar altersmäßig, viele jedoch zumindest optisch. Aufgebauschte, in alle Richtungen stehende Irokesen in allen Farben (bevorzugt natürlich jedoch schwarz), aufwendige, zerrissene Outfits mit dutzenden Accessoires und viel Schminke. Ich kann mir nicht helfen, aber ich liebe diesen androgynen, dunkelbunten Chic einfach. Und kann mich daran nie satt sehen. Jedenfalls hat alles gepasst und ich hab einen der seltenen Momente erlebt, in denen mich weder Musik noch Publikum störten. Große Seltenheit. Dementsprechend waren <span style="font-weight: bold;">Frank the Baptist</span> auch die Krönung des Abends. Gegen 22.00 Uhr schlossen sie dann mit ihrem Hit "If I speak", der vielfach mitgesungen wurde und mehrere Menschen auf die Bühne hat klettern lassen. Gemeinsam wurde so der Schlusspunkt unter einen schönen Nachmittag und Abend gesetzt, der in seinem Verlauf bandtechnisch immer besser wurde.<br /><br />Ich mag die Fête de la musique-Idee sehr und nach dem ich es nun selbst gesehen habe, noch mehr.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-90173670775399118472008-06-14T06:46:00.002+02:002008-06-27T20:00:41.184+02:00Ein Wochenende mit EA80 Teil 1<div>Beginnen wir philosophisch. Angenommen. Höchste Freude und tiefste Traurigkeit sind nicht zwei Enden einer starren Skala, sondern nur Extrempunkte auf einem fast geschlossenen Kreis, welche sich berühren, wenn die Intensität der Emotionen das rein geistig Fassbare übersteigt und für den Moment alle konkurrierenden Gedanken auslöscht. Sozusagen so lange Strom auf den Kreis jagen, bis der Funke überspringt. Dann bildet sich zwischen den Extrempunkten ein Kontinuum, in dessen Gefangenschaft ein ständiges Schwanken zwischen ihnen unabwendbar ist. Umgangssprachlich verewigt in der Redewendung "Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt". </div><br /><div>Mag es ein hohes Glück oder eine Freude sein, Songs von EA80 zu hören, so wohnt ihnen doch stets ein bittersüßer Beigeschmack inne. Zutiefst verlorene, melancholische oder auch nur philosophisch-relativistische (wenn nicht gar zuweilen nihilistische) Lyriken verbinden sich da mit einem Musikstil, an dessen Beschreibung die Expert_innen virtueller Genre-Grenzen erst einmal Zähne werden lassen müssen. Intensiviert werden diese Gefühle gegenüber den zwei Buchstaben und den zwei Ziffern zweifelsohne live. Wie stark, das zeigen, glaube ich, schon ein paar Sätze des Berichts von meinem ersten EA80-Konzert: "Zitternd und völlig ohne klaren Gedanken verließ ich den Ort des Geschehens und kam erst am Bahnhof so langsam wieder zu mir" oder "Mir fallen gar nicht genügend Worte ein, um ihre Wirkung auf mich auch nur annähernd zu beschreiben". Grundlegend gewandelt hat sich das auch mit diesem Wochenende nicht, aber es sind viele Momente hinzugekommen, die das Bild nicht nur in einzelnen Facetten ergänzten, sondern neue, in kräftigen Strichen gepinselte Formen und Konturen haben sichtbar werden lassen. </div><div> </div><br /><div>Die Fakten sind recht langweilig. EA80 hat es mal wieder geschafft aus Gladbach rauszukommen und gleich zwei Konzerte in Berlin und Leipzig absolviert. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen. In meinen beiden Städten. Tickets schon seit Wochen/Monaten reserviert. Menschen an den Bahnhöfen der Stadt eingesammelt, zum SO36 gepilgert.<br /></div><br />Am Einlass hing ein schlichtes Schildchen, dass EA80 um 21.46 Uhr anfangen wird zu spielen. Noch erstaunlicher als diese Zeitangabe war dann aber zweifellos, dass sie wirklich auf die Minute genau 21.46 Uhr die Bühne betraten. Vorher durfte sich jedoch noch eine scheinbar masochistisch veranlagte Trash-"Band" vom Publikum ausbuhen lassen, die sich "The German Folk Orchestra" oder so nannte und einfach nur grottig war. Auch wenn ich viel für Trash übrig habe, wirkte das weder nach gelungenem Drag, noch nach Ironie oder Stil, sondern einfach nur wie Fasching und verlorene Wette.<br /><br />Schnell vergessen jedoch bei den ersten Klängen der alten, nie gerosteten Jugendliebe.<br />Der großen Stadt setzten sie ihre "kleine Welt" entgegen. "Licht" brachten sie. Und so weiter...und so fort. Jedes einzelne Lied eine Erinnerung oder auch mal zwei-drei. Unter den vielen dutzend Liedern ihres beinahe 30jährigen Schaffens konnten sie sich kaum ein falsches auswählen, denn in irgendeiner Art und Weise war jedes für sich genommen bereits genug. Hauptsache EA80. Über "was hätten sie spielen sollen" kann nach dem Konzert philosophiert werden, sie können sowieso nie alles spielen und natürlich fehlt immer eins oder zwei, die sie "unbedingt hätten spielen sollen". Auch wenn sie von den - für mich - ganz Großen diesmal nicht so viele spielten, es reichte. Bei Weitem. Allein schon so ein Stück wie "200m und danach" fühlt sich auch nach all den Jahren noch wie eine Offenbarung an (dass Junge live an der Stelle "das Leben ist grausam" den zweiten Halbsatz "und sicher in diesem Moment" einfach mal ausließ, mag dazu beitragen).<br /><br />Wieder wurden die unterschiedlichsten Menschen von EA80 angezogen. Der Altersdurchschnitt mag wohl an beiden Abenden knapp über 30 gelegen haben - viele von ihnen jahrelange Fans. In den ersten Reihen war davon wenig zu spüren. Der Pogo war großteils jünger und teilweise doch arg egozentriert. Da haben manche Menschen ihre und die Grenzen anderer doch ganz schön überschritten. Bei den meisten von jenen schienen Alkohol oder andere Drogen dieses Verhalten zu erklären. Erstaunlich wie drei-vier Menschen einen ganzen Pogo-Mob aus dem "Takt" bringen können. Tendenziell arg nervig. Dadurch war dann aber auch meiner latenten Mosh-Neigung Vorschub geleistet und bis auf die paar blauen Flecken und den schmerzenden Ellenbogen danach, ein schönes Körpergefühl.<br /><br />Und so verronn der Abend nach und nach. Die meisten Lieder in den Beinen verschwunden und von den Stimmbändern reflektiert, einige unter Augenlidern - alle vom Herzen aufgesogen.<br />Aber wie schon erwähnt, die ganz Großen fehlten. Nicht. Es war ein unglaublich schönes Konzert und hätte es auch bleiben können. Wäre da nicht die Zugabe gewesen. Häuser.<br /><br />...und alles war vorbei. Sie haben dieses Lied unendlich lang gestreckt und gegen Ende schrie Junge den Part, der auf der Neuaufnahme von 2004 im Hintergrund läuft. Dieses tief verzweifelte Schreien, welches von ganz ganz unten zu kommen schien und mich brach. Natürlich habe ich mitgeschrieen. Nicht nur mit geschrieen, ich habe mich richtiggehend leer geschrieen. All der Frust, all die Erinnerungen, die Erfahrungen, den Schmerz, das komplette Sein einfach weggeschrieen. Als das Lied endete, verblieb ich zitternd mit Tränen in den Augen.<br />Möglicherweise der Punkt, den ich zu Beginn beschrieb. Zwischen Ekstase, Verzweiflung und Leere - oder anders gesagt: "Mein Haus ist schwarz/ und es steht allein/ es hat keine Fenster/ und niemand kommt rein".<br /><br />Dieser großartige Moment hat es gekippt. Er hat das Konzert einzigartig und bewusstseinserweiternd werden lassen. Viel Zeit zum Verweilen blieb nicht, denn schon wurde ich wieder mitgerissen - sie stimmten zu "Auf Wiedersehen" an. Und besiegelten den Abend damit. Durchgeschwitzt, heiser, alle Knochen am Sich-beschweren und beglückt. Ein kühles Sternburg geholt und durch Kreuzberg am Kanal entlang nach Hause.<br /><br /><br /><br /><br /><div> </div><div> </div>truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com1tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-12287872337209405212008-06-13T19:59:00.003+02:002008-09-20T23:07:12.871+02:00Ein Wochenende mit EA80 Teil 2Szenenwechsel. Ein Wochenendticket später vor dem UT Connewitz in Leipzig. Die gleichen beiden lieben Menschen an meiner Seite und schon wieder ein kühles Sternburg in der Hand.<br />Dieses Mal war deutlich anders. In vielerlei Beziehungen. Hatte ich am Vorabend nur einen Bekannten getroffen und ansonsten von den Menschen (außer von meinen beiden) relativ wenig mitbekommen, so war dieses Konzert viel wortlastiger - viel tiefer im EA80-Universum angesiedelt. Da war z.B. der stark angetrunkene Tshirt-lose direkt vor der Bühne, mit dem ich während sie "Sommerjugend" anspielten, erörterte warum Fliehende Stürme und EA80 beide großartig, aber doch sehr unterschiedlich sind. Er erzählte mir so vieles und gab mir von seinem Bier und dabei waren es nur ein-zwei Worte, die er hat fallen lassen müssen, um mir zu signalisieren, dass er mindestens genau so tief drin steckt wie ich. Dass die beiden Gruppen auch für ihn so unendlich viel bedeuten. Da werden schwere Zeiten sichtbar und bestimmte Einstellungen allen wichtigen Fragen des Lebens gegenüber. Da gibt es eine gemeinsame Ebene, ein gemeinsames Gefühl, welches einfach nicht wegzudiskutieren ist. Mögen auch sonst die Meinungen verschieden sein. Nach dem Konzert ein weiterer Mensch, der mir erzählte, dass er EA80 schon seit DDR-Zeiten kennt und dass die "heutige Jugend" doch gar nicht mehr weiß, wie viel die Wert sind und sie für "Emo-Kacke" halten. Oder der verheiratete Eigenheimbesitzer mit beinahe kompletter EA80-Sammlung, für den das Konzert in Leipzig bereits das 29. war.<br /><br />Es gibt nur wenige Anlässe, die mich dazu bringen, mich jung - oder zumindest spätgeboren - zu fühlen. Unter diesen Menschen konnte ich kaum anders. So viele Jahre Faszination, die da aufeinander trafen. Gemeinsame Faszination. Denn ich kenne kein vergleichbares Phänomen. Auch wenn mir die Stürme gefühlsmäßig stets ein großes Stück näher standen, waren EA80 doch immer die kreativeren, philosophischeren, wandlungsfähigeren. Worte wie Faszination und Mythos sind albern. Immer. Aber manchmal stehen sie relativ allein auf weiter Flur, wenn in den Zigarettenautomaten der Stadt 25 Zigarettenschachteln auftauchen, die keinen Tabak, sondern Mini-CD's mit jeweils einem EA80-Song beinhalten. Keine Ahnung, ob an dieser Erzählung etwas dran ist, aber genau das macht ihren Reiz aus. Unberechenbar statt simpel konsumbefriedigend.<br /><br />In Zeiten, in denen Bands ihre Band-Shirts bereits drucken lassen, bevor sie auch nur ein einziges Lied aufgenommen haben, ist es doch hübsch mit anzusehen, wie Urgesteine sich jeden Tag neu erfinden.<br /><br />Dort wo sie am Freitag endeten, setzten sie am Samstag wieder ein. "Häuser" war das erste Lied des Abends und das komplette Gegenstück zum Vortag. Relativ schön, relativ kurz, relativ schmerzlos. Aber eben nichts Außergewöhnliches. Das war aber gar nicht schlimm. Mit "wieder einsetzen" meine ich, dass sie - bis auf die Lieder vom neuen Album - so gut wie kein Lied des Vortages wiederholten. "Was ist geblieben" war wieder dabei und möglicherweise noch eines oder zwei, die mir grad entfallen sind, aber im Großen und Ganzen ein komplett anderes Set.<br /><br />Auch dieses Mal gab es einige von den ganz Großen - und einige die zu ganz Großen gemacht wurden. Dieses Mal war es eindeutig "Trashfest", welches mehr als nur groß wurde. Aber bis dahin war es noch ein weiter Weg. Nach dem dritten Lied bereits mit der Hand an der Bühne abgestützt und Luft geschöpft, was scheinbar so bedrohlich ausgesehen haben muss, dass ich von einer lieben Person nach meinem Befinden gefragt wurde (wobei deren fehlende Körpergröße wiederum in mir Besorgnis auslöste, bei all den großen und teils rabiaten Menschen, die sich da schubsten). Wie dem auch sei, so kann's gehen. Schon gehört mensch zum alten Eisen. Aber ist ja auch nicht schlimm. Ich könnte jetzt wieder ewig über Umgang im Pogo und regionalen Unterschieden philosophieren, stattdessen hole ich noch etwas nach, was ich schon längst hätte tun sollen: über das UT Connewitz schreiben. War seit Ewigkeiten nicht mehr dort und es ist immer noch so beeindruckend gewesen, wie das erste und einzige Mal bei Turbostaat. Das UT ist ein sehr altes, ehemaliges Kino, was noch immer durch die pompöse Bühne inklusive antik aussehende Säulen und Dach über der Leinwand, sowie vereinzelt am Rand stehenden Kinositzen und einer Empore deutlich wird. Eine äußerst hübsche Location, in der ich gern viel öfter wäre.<br /><br />Zurück zum Konzert. Irgendwann riss Junge eine Saite, was ihn dazu brachte, die Geschichte aufzurollen, wie sie das erste Mal in Leipzig spielten. Damals noch zu DDR-Zeiten, offiziell als Messebesucher und ohne eigene Instrumente. Woraufhin sie dann in einem Leipziger Keller auf Steingitarren rausfanden, warum der Ostpunk ein wenig langsamer war. Was auch immer an dieser Story dran ist, ihre Vortragsweise war einfach begnadet. Da erzählt er aus dem Stegreif eine komplexe Geschichte inklusive aller Winkelzüge, nur um im Stil von: "aber solche Überbrückungsgeschichten sind immer doof, langweilen die Menschen zu Tode, die doch eigentlich die Musik hören wollen" zu enden. Auch wenn mein Gedächtnis beim genauen Wortlaut versagt, so war das doch mal wieder eine der illustren Szenen, die EA80 eben auch ausmachen. Keine einstudierten Ansagen, die sich ständig wiederholen, dafür ungewohnt lebendiger Situationismus. <br /><br />Es folgten wie immer (in einer Reihenfolge, die ich beim besten Willen nicht mehr weiß) die Pause in der Mitte der Stücke, eine weitere Präsentation des German Folk Orchestras (das in Leipzig aber besser aufgenommen wurde), Stücke wie "Was ist geblieben" (das einzige auffällig doppeltgespielte Nicht-"Reise"-Stück), "Gugging" und "Innenraum", und viele bei denen ich mir grad unsicher bin, ob sie sie freitags oder samstags spielten. Aber das ist an sich auch nicht sonderlich relevant. Für was denn Listen machen, wenn doch das Gefühl allein zählt?<br /><br />Besonders viel davon fabrizierte "Trashfest". Ist es schon so ein sehr ruhiges, sehr intensives, verhältnismäßig langes Lied, welches fast ohne Schlagzeug auskommt, so wurde es in der Live-Version auf das Doppelte gestreckt. Nein, gestreckt ist das falsche Wort, es wirkte sehr organisch und passend. Irgendwann, während das Stück immer mehr abflachte in der Lautstärke, sprang Junge von der Bühne und stand plötzlich inmitten der verdutzten, zurückweichenden Menge. Er ließ sich nieder und schlug mit dem Mikro den Takt auf dem Boden. Das klingt vielleicht bescheuert, aber das hat einen ungeheueren Eindruck auf mich gemacht. Erst Minuten später ging er wieder auf die Bühne und das Lied wurde beendet.<br /><br />Viel mehr gibt es auch gar nicht zu sagen. Irgendwann endete es dann. Sie ließen sich nicht noch einmal zu einer Zugabe hinreißen und damit war es gegessen. Zur Übernachtungsmöglichkeit gelaufen und je später es wurde, desto leerer wurde der Kopf. Das Fassungsvermögen deutlich überschritten, blieb am Ende kaum noch etwas übrig. Eine heiße Dusche, dazu der leise Singsang "Was ist geblieben/ von dem was bleibt/ Einsamkeit" und Ende. Ausgelaugt und leer, es war vorbei.<br /><br />Ein zauberhaftes Wochenende, dass sich in der Form wohl nicht so schnell oder auch nie wiederholen wird. Aber gut, dass es war. Prägendes Erlebnis. Wirklich.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-31817647084662035202008-05-31T07:00:00.000+02:002008-06-04T23:50:19.290+02:00Sag den Anderen uns gehts gut, sag den Spacken uns gehts prima!Rantanplan und Lochfrass im Lokal Berlin<br /><br />Um es vorweg zu sagen: Ich mag keinen Ska. Ich mag absolut keinen Ska.<br /><br />Und der nächste Satz beginnt dann schon mit einem großen "aaaaaaaber...".<br />Naja, wenn eine Ska-Band richtig gut ist und ich ordentlich betrunken, dann geht das klar. Ersteres erfüllte Rantanplan schon im Dezember im Tommy-Haus und für letzteres sorgte ich. Gute Mischung.<br />Viele liebe Menschen, viel getanzt, viel gegröhlt und viel Bier vernichtet. Jaja, das sind die Momente, die kein Leben verändern, es aber bereichern und mit ein wenig Glitzerstaub veredeln.<br /><br />Wie jetzt? Rantanplan wieder in der Stadt? Wer kommt mit? Lass mal los gehn...<br /><br />Gesagt, getan. Sterni aufgemacht und losgerockt. Die Stimmung bei uns eher mäßig. Panik, dass wir viel zu spät seien und das Lokal bereits überfüllt. In Ost-Berlin angekommen, erwies sich das als Trugschluss, kaum Leute, Bands noch am Equipment schleppen. Also die nächsten Biere rangeholt und mit weiteren Freund_innen und Bekannten zusammengetroffen. Nicht die Mob-Stärke wie beim letzten Mal, aber ein guter Teil des dann doch langsam zahlreicher werdenden Publikums wurde mal wieder von uns gestellt. Acht Euro an der Abendkasse, was für mein Empfinden zwar hart an der Grenze liegt, aber keineswegs zu viel für Rantanplan ist.<br /><br />Noch paar Sterne in die Krone gedonnert und spontan entschieden, dass drei Lieder entschieden genug Würdigung für die Vorband waren. Also wieder raus. Lochfrass kommen aus Berlin und machen Deutschpunk. Allerdings keinen von der sonderlich kreativen oder auch nur politisch angenehmen Sorte. Blabla-Texte und dröge Musik ließen in mir den Wunsch nach Trunkenheit aufkeimen, dem ich mit Freuden nachkam. Dieses Kapitel mal schnell übersprungen, bauten dann aber auch endlich Rantanplan auf und warfen mehr als nur ihr Eigengewicht und das des Tourbusses in die Waagschale. Um's kurz zu machen: Dit war dicke.<br /><br />Hatte ich mich im Dezember noch darüber geärgert, dass sie mein Lieblingslied nicht spielten, war es diesmal gleich eines der ersten: Hamburg 8° Regen. Hammerlied. Aber auch viele der anderen, die ich gern mag, kamen gleich zu Beginn, Thu den Ska oder Meine Liebe stirbt zum Beispiel. Lungen leer geschrieen und fein Pogo getanzt. Nach dem Konzert beschwerten sich Einige über den harten Pogo, ich fand ihn hingegen sogar richtig friedfertig (also bis auf die paar üblichen betrunkenen Idioten, die mich nach einer Straight Edge-Szene sehnen lassen...). Meine Wahrnehmung kann aber auch daher rühren, dass ich sonst nur in Hardcore-Moshs rumspringe...ja, könnte was dran sein. Planlos betrunken oder nüchtern brutal. Beides nicht so wirklich ideal, aber planlos betrunken war fürs Erste ok.<br /><br />Beschwere ich mich sonst immer, dass Bands zu kurz spielen, bei Rantanplan war dies nicht der Fall. Auch wenn sie hätten endlos spielen können. Total fertig von der Theke ein Wernesgrüner geholt, während die Jungs schon ihr drittes oder viertes Tablett Mexicana bekamen und nach weiteren X Liedern, wollten sie dann gehen. Naja, wollten sie nicht. Ich weiß nicht wie viele Zugaben sie genau spielten, aber 10 als Richtwert, ist glaub ich nicht die falscheste Schätzung. Sie haben die Leute in den Lungenkollaps gespielt. Irgendwann wurden auch die hartnäckigsten Zugaben-Rufe wegtrompetet und bis auf das nicht erfüllte, aber viel geforderte "Atheismus", haben sie ALLES aufgeboten.<br /><br />Vielfach völlig erschöpft zerstreuten sich die Menschen in alle Himmelsrichtungen, nur wir blieben noch vorm Lokal sitzen, ein kühles Bier fand wie durch Zauberhand die meinige und zwei müde Köpfe meine Schultern. Aus der rauhen Kehle fanden nur noch wenige heisere Worte Ohren. Vor der Nase hin und wieder die Straßenbahn und ein paar Autos, hinter uns leise die Pausenmusik (die ham Dackelblut gespielt, alta!) und über uns die wenigen Stadt-Sterne und ein Zacken gelber Mond. Keine Ahnung wie lange wir dort saßen, aber irgendwann hat alles ein Ende und so entschlummerten wir kurz darauf beinahe in den U-Bahnsitzen, nur abgehalten von einem alten betrunkenen Mann, der uns als Kinder vom Bahnhof Zoo betitelte und mehr als entsetzt davon schien, dass ich Motörhead kenne. Aber wenigstens wusste ich dann, dass ich wieder in Neukölln bin. Hat auch seine Vorzüge. Das Tourplakat noch immer in der Hand, die letzten Meter nach Hause und im dunkelsten was Berlin an Nacht zu bieten hat, den Mond beim abstürzen begleitet.<br /><br />Fand ich Rantanplan das letzte Mal schon schick, so haben sie mich diesmal einmal mehr davon überzeugt, dass Ska auch geil sein kann. Natürlich sollte mensch nicht allzu p.c. da ran gehn, weil es dann eklig werden könnte. Aber diesmal fehlten auch die sexistischen Ansagen, so dass sinnfreies tanzen wohl die einzig sinnvolle Idee darstellt(e).<br /><br />Toller Abend.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-31706360993926225652008-05-26T07:00:00.000+02:002008-06-16T01:14:31.919+02:00"Deine Hand wird zur Faust"Escapado, It is imperative und Laura Mars im Cassiopeia Berlin<br /><br /><br />Soso. Also nun schlussendlich doch noch.<br />Eigentlich wollte ich Escapado ja schon am 9.12. vergangenen Jahres gesehen haben, die Tickets lagen auf dem Tisch und dann haben sie abgesagt. Krankheit. Super. Vergebens war dieses Konzert damals jedoch keineswegs, denn ich sollte eine andere sehr schöne Band kennen lernen: it.is.imperative. Aber zu denen später mehr.<br /><br />Ich mag das Cassiopeia irgendwie nicht. Die Getränke sind so überteuert wie die Eintritte und es mag auch keinerlei Atmosphäre in diesem Kellerchen aufkommen. Warum weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass ich demnächst mehrfach dort sein werde aufgrund einiger vielversprechender Bands...<br /><br />Den Anfang machten Laura Mars. Waren ganz ok, recht metallastig und extrem schnell wieder vergessen. Ich kann mich so gut wie nicht an sie erinnern, die anderen fanden sie ok, ich auch so irgendwie, aber zu viel Wand, zu viel Matsch, zu wenig Melodie und -wie gesagt- zu viel Metal. War sowieso mal wieder einer der polarisierenden Metal-Hass-Tage...<br /><br />Und das "zu denen später mehr" hätte ich mir sparen können, denn da sind sie schon. it.is.imperative. Ich kannte sie das letzte Mal gar nicht, fand sie unglaublich schick und diesmal sogar noch mehr. Machen verdammt hübschen Screamo mit wahnsinnig schönen (Bass-)Melodieläufen, was mit den Live-Qualitäten der Jungs so gut harmoniert, dass sie wohl in der Screamo-Ecke bald ganz oben mitmischen werden. Da passt einfach alles. Und auch wenn ich die Texte noch nicht vollständig entschlüsseln konnte, ich glaub da steckt so Einiges dahinter...zumindest das Verständliche wirkte in einer angenehmen Weise politisch angehaucht.<br /><br />Ja, und nachdem das Cassiopeia nun fast vollständig gefüllt war, konnten die Leute auch ungestört ihrer Unart nachgehen, sich nur zur Hauptgruppe des Abends zu bewegen und den anderen Bands, in stillem Warten und Halbkreis vor der Bühne, Langeweile zu zollen. Positiv gewendet heißt das aber auch, dass zu Escapado was ging. Allerdings auch gleich wieder in einem unangenehm mackerlastigen Bollo-Mosh. Aber hey, gab ja auch noch Musik.<br />Escapado stehen nicht zu Unrecht auf einem großen Haufen aus Lorbeeren, denn was die da abgeliefert haben, konnte sich mehr als nur sehen lassen. Feste Szenegröße halt.<br /><br />Weiß gar nicht so genau was ich dazu schreiben soll. Sehr elektrisierend, sehr bewegungsfördernd und plötzlich fallen mensch dann auch wieder Textfragmente ein, die wohl bisher scheinbar das Unterbewusstsein eifersüchtig vor dem Gedächtnis verborgen hielt. Schön viel Schreien, schön viel bewegen, schön viel genießen.<br /><br />Zwei Zugaben und einen Hörschaden (verdammt war das laut...) später, war es dann auch schon vorbei. Gutes Konzert.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-36446295743392833832008-04-12T07:00:00.000+02:002008-05-19T14:49:13.919+02:00Komm ma lecker unten bei mich bei...Eisenpimmel, Fahnenflucht, Rasta Knast, Chefdenker im Beatclub Dessau<br /><br />Um jede Einleitung verlegen, beginne ich einfach mal mit der Schilderung der Ereignisse.<br />Was kann Studierende, arbeitsscheue Hartzis und gut verdienende Punks dazu bringen, sich in ein enges Auto zu quetschen, nach Sachsen-Anhalt ("Wir stehen früher auf" - ich sag nur, selber schuld...) zu fahren und dort der marodierenden Stadtjugend beim Untergang zuzuschauen?<br /><br />Richtig: Eisenpimmel.<br /><br />Ich konnte mir dieses Phänomen nie erklären und kann es auch jetzt noch nicht. Eisenpimmel findest du entweder bodenlos bekloppt und übergibst dich bei ihren Liedern vor Ekel oder du findest sie zum Brüllen komisch und übergibst dich, weil du mal wieder zu viel gesoffen hast. Dabei ist es scheinbar auch völlig egal, welchen politischen oder weltanschaulichen Hintergrund die Menschen haben...aber dazu werd ich später noch kommen.<br /><br />Pöbel & Jesocks einjesackt und in Berlin losjeheetzt...nein, lieber auf deutsch.<br />Schnell noch zu Reichelt und die Linien zwischen konservativ und wagemutig am Bierkauf festgemacht (gutes, altbewährtes Sterni contra Reichelt-Pilsener...erstaunlicherweise waren alle mit ihren Entscheidungen zufrieden und der Kasten in Dessau alle).<br /><br />In Dessau ewig rumgegurkt und das Grauen bekommen vor der Jugend dort, die in Scharen samstagabends um Neun auf dem Netto-Parkplatz abhängt und selbst am und im Beatclub die obskursten, angsteinflößenden Menschen. Als da wären Skins mit Stiefeln und weißen Schnürsenkeln, geschniegelte Hemdenträger mit Seitenscheitel, Brille und eben denselben weißgeschnürsenkelten Tiermordprodukten (da tut mir die Kuh ja gleich doppelt leid wegen so nem Möchtegern-NPD-Kader look-a-like gestorben zu sein), dazu "Haare schneiden tut nicht weh"-Shirts und da ganze Arsenal an dörfischer Stumpfheit. Ich hatte schon fast vergessen, dass auf dem Dorf selbst die selbst erklärten Anti-Nazis noch lange keine<br />Antifaschist_innen sind...<br /><br />Das unverschämt teure Bier ließ uns fast verdursten, bis - heldenmutig wie immer - unser Fahrer Nachschub von der Tanke organisierte. Los gings eh noch nicht. Reservierungen wurden einfach mal ignoriert, weil eh nur eine Hand voll Leute in Dessau zu den Bands wollten (oder es vielleicht irgendwelche innerstädtischen Konflikte gibt, in die ich keinen Einblick hab...), überhaupt war das ein ganz schöner Kommerz-Tempel mit grimmigen Securities, Ganzkörperkontrollen und - den schon erwähnten - astronomischen Bierpreisen.<br /><br />Jedenfalls bespaßten als Erste Chefdenker das überschaubare Publikum und das nicht zu enthusiastisch. Der Sänger sah ziemlich fertig aus, keine Ahnung, was ihm fehlte oder was der genommen hatte. Da sich einige von uns sehr auf die gefreut hatten, gab es erstmal hängende Köpfe, nur bei "Filmriss" und "Ich hab mir Fuck off auf den Arsch tätowiert" konnte ich es mir nicht nehmen lassen, mal ein wenig im spärlichen Pogo rumzuhüpfen und mitzugröhlen. Hach ja, da werden Erinnerungen an die Deutsch-Punk-Vergangenheit wach. Chefdenker hab ich auch schon mal auf dem Force Attack 2006 gesehen. Da waren sie allerdings deutlich lustiger, motivierter und - vielleicht lag es auch nur an der Entfernung zur Bühne - jugendlicher. Was zwei Jahre ausmachen können. Routiniert runtergespielt und abgehauen. Das wars.<br /><br />Wir hatten uns im Vorfeld schon so unsere Gedanken gemacht, wie denn wohl die Running-Order sein dürfte. Wir haben uns ausnahmslos alle getäuscht. Denn schon nach Chefdenker "enterten" Eisenpimmel die Bühne und waren nicht nur verdammt großartig, sondern lieferten auch viel Diskussionsstoff. Während des Auftrittes erst einmal Desillusion - "Oh Mann, die sind ja wirklich so Assi, wie die klingen" - "Da ist ja kein bisschen Ironie dabei" und so weiter und so fort. Aber am nächsten Nachmittag änderte sich die allgemeine Meinung schlagartig und plötzlich wurden all die kleinen Details offensichtlich. Siggi Kotlewski (schreibt er sich so?), Sänger und selbstbekennender Assi, kam mit Kasten und Klappstuhl auf die Bühne, nicht zum singen, sondern zum sitzen und saufen. Doch der halbvolle Kasten wurde während des Auftrittes nicht leerer und viele der "asozialen" Elemente können auch einstudiert sein - so ist sein Gesang die ganze Zeit recht verständlich, aber am Ende eines jeden Liedes muss er noch irgendwelche Geräusche von sich geben...die Jeans-Jacke, die er trug, komplettierte die Inszenierung, hinten drauf "Duisburg Super Rock", vorne drauf mit Edding "ficken" und irgendwelche schlechten Patches und Buttons.<br />Bärbel, die "Sängerin" bzw. pöbelnde Stimme im Hintergrund, mit dicker Federboa unterwegs, der Rest der Band, relativ bieder.<br /><br />...und sie spielten alles. Auch wenn das Publikum nur in Bruchteilen unserer Euphorie folgen konnten, aber von "Komm ma lecker unten bei mich bei", "Schwarzfahren und saufen", "Dicke Eier - Weihnachtsfeier" bis zu den absoluten Gassenhauern "Malle Mallorca" und natürlich "Duisburg ist spitze" war alles vertreten.<br /><br />Mir haben Sie außerordentlich viel Freude gemacht - ob nun authentisch oder nicht, ich glaub das ist weder restlos ergründbar, noch so leicht zu trennen. Die Antwort wird wohl irgendwo dazwischen liegen.<br /><br />Herausragend auch "Ich Arsch hab mir Fleisch gekauft", wobei unsere kleine Vegan-Front wohl am Lautesten "Schinken, Mett, Schnitzel und Kotelett" gegröhlt haben dürfte...nicht auszudenken, wenn ich dieses Lied ernst nehmen müsste...aber solange die Formel trash as trash can aufgeht und politische Korrektheit weiterhin ein so willfähriges Opfer abgibt, werde auch ich Eisenpimmel (und die Kassierer als deren Brüder im Geiste) wohl nicht das letzte Mal begröhlt haben.<br /><br />Danach sollten Rasta Knast spielen. Da aber die ersten drei Lieder total gleich klangen, wurde dem Bier im Kofferraum Vorzug gegeben. Vermutlich nicht die schlechteste Entscheidung.<br /><br />Den Headliner gaben Fahnenflucht und als die ersten leisen Anti-Nazi-Ansagen so die Runde machten, waren einige der zweifelhafteren Gestalten plötzlich verschwunden. Was'n Zufall.<br />Fahnenflucht wirken auf mich immer ein wenig steif, alles einen Hauch zu routiniert. Aber das muss ja kein Nachteil sein. Denn sie zogen ihr Programm mehr als souverän durch. Keine Hänger, keine Langatmigkeit. Die Einstudiertheit hat auch so ihre Vorteile und so kommt mir bei denen ja schon fast ein "grundsolide" über die Lippen, wüsste ich nicht, dass dieses Wort den funktionierenden Elementen der Gesellschaft mit all ihren perversen Ausdrücken von Norm vorbehalten ist.<br />Also guter, lieber Punkrock mit viel Melodie und Texten, die zumindest angenehm sind und klar Stellung beziehen - auch bei den Ansagen. Da das ja leider keine Selbstverständlichkeit in der Ecke ist, will ich mit ihnen auch gar nicht zu hart ins Gericht gehen. Ist persönlich nicht so mein Highlight gewesen, aber gut sind sie auf alle Fälle und für einen versöhnlichen Abschluss des Abends haben sie auch gesorgt.<br /><br />Aufgewacht dann erst wieder in Berlin und den Ausflug in den wilden Osten nicht bereut. Auch wenn die nächsten Tage von Reflexionen über "links"-Sein in provinziellen Kontexten reserviert waren...truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-9401737498651574782008-04-04T23:28:00.000+02:002008-04-08T23:58:56.470+02:00Die Kleingeldprinzessin und die StadtpiratenEin kräftiger Schluck aus der dunkelbraunen Flasche mit dem Sternburg-Export-Emblem, dessen Inhalt das Sinnbild des Abends werden sollte. Schal, ungewohnt bitter und vermutlich über dem Verfallsdatum, doch zu bekannt und wohl nur eine einzelne Geschmacksverirrung - nichts was die Verbundenheit so leicht ausmerzen könnte. Das nächste Mal wird es halt besser.<br />Ja, das wäre ein schönes Bild, doch es ist mehr ein Wunsch, denn Realität. Nicht für das Bier, aber für das Konzert. Und die folgenden.<br />Viele Schritte waren schon in der lauen Kreuzberger Nacht verklungen, bis meine Begleiterin das Schweigen brach: "Wir haben unsere Kleingeldprinzessin verloren". Ich stimmte ihr ohne Zögern zu.<br /><br />Das Lido, unweit vom Schlesischen Tor, ließ durch mangelndes Organisationsgeschick bereits im Vorfeld jede Vorfreude von der Skala stürzen. Kurz vor offiziellem Konzertbeginn zog sich eine lange Schlange von Wartenden durch die Straßen. Karteninhaber_innen durften sich darin auch einreihen, bis andertalb Stunden nach Einlassbeginn endlich auch wirklich Menschen hineingelassen wurden - bevorzugt jene mit Tickets. Zum Glück trieb mich mein Bauchgefühl zwei Tage vorher in den Ticket-Shop, allerdings kann ich mich mit so einem Diskotheken-Stil überhaupt nicht anfreunden. Security-Monster, lange Warteschlangen, Menschenmassen - und die Art der Zusammensetzung des Publikums, nein, das war nicht meine Welt. War ich die vergangenen Wochen und Monate fast nur auf subkulturellen HC- und Punkkonzerten unterwegs, wurde mir schnell wieder bewusst, warum das so war. Linksliberales, bürgerliches Gutmenschentum zwischen 20 und 30, welches schön am Geisteswissenschaften studieren ist und zwischen parteigebundenem hochschulpolitischem Engagement, Greenpeace-Solidarität und Fair-Trade-Kaffee eine bessere Welt herbeihalluziniert für die sie alle nicht im Geringsten bereit sind, den Preis zu zahlen. Das beste Beispiel mag wohl Dotas "Immer die Andern" gegeben haben. Jene, die am Lautesten mitgeschrieen haben, werden wohl selbst dem beschriebenen Verhalten folgen. Ich schwieg. Auch weil ich wusste, dass ihr Lied nicht nur das von mir angefeindete Restpublikum trifft - auch wenn ich meine, dass ich schon etwas weiter als jene sein mag.<br /><br />Wie dem auch sei. Die Dota, die war so wie immer. Es war sehr hübsch anzuschauen, was sie da fabriziert hat, aber es waren auch die selben Ansagen wie jedes Mal. Diesmal ein wenig abgewandelt, da es die neue Tour war.<br /><br />Was mich an ihren Konzerten und Liedern immer so unglaublich ins Schwärmen bringt, sind ihre Texte. Sie geht so unglaublich virtuos mit der deutschen Sprache um, wie kein_e Zweite_r. Es ist einfach atemberaubend, wie sie Worte kreiert und aneinanderreiht und Bilder erschafft, die nicht nur zauberhaft und originär, sondern auch plastisch und nachfühlbar sind. Sie ist eine wahrhafte Künstlerin. Umso bedauerlicher, dass ihr Klientel immer mainstreamiger wird. Umso bedauerlicher, dass diese Tendenz in ihren Liedern auch ebenso angelegt ist.<br /><br />Dass auch ihre neuen Lieder - die anlässlich der Record-Release-Show - auch wieder den hohen Standards entsprechen, ändert nichts daran, dass sie in meinen Ohren eine Nuance kälter klingen. Sie sind schön - keine Frage - aber nicht so schön, als dass ich mir die CD hätte kaufen wollen. Nein, irgendwie ist es nicht mehr dasselbe.<br /><br />Und das eine Lied, welches ich vorm Einschlafen und nach dem Aufwachen im Kopf hörte, ist laut ihrer Aussage nicht mal auf der CD enthalten und noch nicht mal aufgenommen. Schade, denn es war wirklich wunderschön. Und einer der wenigen Gründe ihr noch immer die Treue zu halten.<br /><br />Die Lieder gingen ins Land und irgendwann kam dann auch schon "öffentlicher Nahverkehr" als Zugabe und Dota und die Stadtpiraten waren hinter der Bühne verschwunden.<br />Alles in allem ein wirklich miserabler Abend.<br />Ich hoffe mein Bild wird irgendwann einmal wieder positiver.truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0tag:blogger.com,1999:blog-4577803926536095186.post-77162002755399308212008-03-29T06:00:00.000+01:002008-03-31T23:36:01.146+02:00Vitamin X, Dean Dirg, Everything falls apart, Liberty stands still im Zoro LeipzigUnausgeglichen? Ständig müde? Keine Energie für gar nichts? Klarer Fall von Vitaminmangel - genauer gesagt: dir fehlt Vitamin X.<br /><br />Zur Bekämpfung der Mangelerscheinungen werden intensive Behandlungen mit Live-Geballer, textsicheres Mitschreien und viel Bewegung im Pit empfohlen. Bereits nach einer abendlichen Anwendung zeigt sich eine deutliche Besserung der beschriebenen Symptome.<br /><br /><br />Ok, pseudo-kreative Einleitung, aber wenn Vitamin X in der Gegend ist, dann nichts wie hin. Dacht ich mir auch und hab mir ein Wochenende im wunderschönen Leipzig gegönnt.<br /><br />Sehr sympathisch bereits der Veranstaltungsort. Ich für meinen Teil war das erste (und ganz bestimmt nicht das letzte) Mal im Zoro. Ein altes Fabrikgebäude, in dem auf vielen Etagen in vielen Projekten selbstverwaltet gelebt und gewirkt wird. Ohne jetzt viele Worte verlieren zu wollen, führte eine so simple wie angenehme Regelung selbst für die ersten Bands zu einer vollen Halle. Vor zehn Uhr vier Euro, danach sechs Euro. So hatten bereits Liberty stands still aus Zittau als erste Vorband die Chance viele Menschen zu begeistern. Und die haben sie vor ausverkauftem Haus auch voll genutzt. Schön melodischer Hardcore neuerer Prägung, der zwar noch keine großartige Bewegung ins Publikum brachte, aber doch nett anzuschauen war und sicher nicht nur bei mir eine positive Erinnerung zurückließ.<br /><br />Anders als Everything falls apart aus den Vereinigten Staaten. An die kann ich mich musikalisch überhaupt nicht mehr erinnern. Ich weiß von ihnen nur noch, dass der Sänger sehr oft durchs Publikum gerannt ist und sich vermutlich unter den von ihm angeschrieen Menschen nicht viele Freund_innen gemacht haben wird. Durchschnittlicher Hardcore ohne hohen Wiedererkennungswert möcht ich mal meinen, anders kann ich mir kaum erklären, dass ich von denen überhaupt nichts mehr weiß...<br /><br />Bevor ich weiterschreibe: ich hatte ja bereits den vorhergehenden Freitag mit <a href="http://maschinentrauma.blogspot.com/2008/03/sidetracked-undressed-army-und-reject.html">Undressed Army</a> Gelegenheit, mich mit dem Humor des Ruhrpotts bzw. der umliegenden Gegend auseinanderzusetzen. War ich schon von Undressed Army begeistert, so stellten Dean Dirg das sogar noch in den Schatten -<br />und dafür brauchen Dean Dirg noch nicht einmal Verkleidungen.<br /><br />Der Sänger sieht aus wie der leibhaftige Doppelgänger von Wolfang Petry, der Atem wurde mit Pfeffi künstlich erfrischt, die Witze blieben allerdings trotzdem schlecht und bereits ab der ersten Sekunde bebte der Pogo-Mob. Knallt einfach, diese rotzige Mischung aus '77-Punk, Old-School-Hardcore und Stilen, von denen ich nicht den blassesten Schimmer hab plus Texte, die zumindest soweit ich sie kenne verdammt cool sind und sich ganz bestimmt nicht in diesem neuen Mainstream-Bollo-Blabla verlieren dürften.<br />Lieber Trucker als Tough Guy. So siehts aus.<br />Und keine fünf Minuten später fand sogar ich mich pogo-tanzend vor der Bühne wieder. Was schon was heißen will, da ich auf Konzerten in letzter Zeit immer öfter bewegungsunfreudig beim "Rumjewackl" verblieben bin. Aber vielleicht lag das auch daran, dass ich in letzter Zeit kaum noch auf wirklich arschtretenden HC-Shows war, bei denen entweder überhaupt nichts oder nur tough-guy-shit ging.<br /><br />Dean Dirg brachten die Etage buchstäblich zum kochen. War es vorher etwas kühl, lief der Schweiß nun in Strömen und die Skala für kollabierende Lungenflügel schlug irgendwo zwischen "Pogo-in-den-Untergang" und "ich sollte meine Kehle mit einem erfrischenden alkoholfreien Getränk befeuchten" aus. Sehr sehr dicke Show. Und wenn wir schon bei dicker Show sind -<br /><br />Vitamin X gabs ja auch noch. Ich hatte sie letztes Jahr bereits im Rahmen des Sucks 'n' Summer-Festivals in Leisnig im AJZ gesehen und war hellauf begeistert gewesen.<br />Tja, und was soll ich sagen. Der Eindruck wurde gestern in keinster Weise revidiert, höchstens aufgefrischt. Die meisten Lieder nicht länger als 1:30 (wenn überhaupt), ultraschnell und verdammt sympathisch. Volle Pulle Old-School-Hardcore inklusive Stirnbänder und den dazugehörigen Idealen. Unglaublich energiegeladene Hochgeschwindigkeitsmucke zwischen Pogo-Explosion, Circle Pit und der Konfusion, wie Bewegung unter diesen Bedingungen noch möglich ist. Ich weiß auch nicht, wie ich das noch weiter beschreiben soll, aber das was die Jungs da abgeliefert haben, kommt meinen Vorstellungen von einer idealen Hardcore-Show schon sehr nahe. Heftige Musik, politische Aussage und nen dicker Pogo-/Mosh-Pit. Wurde zum Ende hin zwar leider wieder etwas rabiater (und natürlich waren's dann auch wieder bloß Typen im Pit), aber trotzdem sehr sehr geil. Durchgeschwitzt, heiser geschrieen und kurz vom Kollaps. So sieht das Ergebnis einer guten Show aus und genau so sah es an diesem Abend auch aus.<br /><br />Fettest!truemmergemuethttp://www.blogger.com/profile/06607563607880870247noreply@blogger.com0