Was um alles in der Hölle kann jemand nur in Oberhausen wollen? Ich wusste es nicht und
weiß es auch heute nicht.
Aber für diesen einen Abend bin ich bereitwillig von Berlin bis nach Oberhausen gefahren. Für sie. Und von überall her kamen sie. Ob aus Grimma (einer Kleinstadt in Sachsen) oder aus Göttingen, aus allen Himmelsrichtungen, von nah und fern. Nur für EA80.
Da es, wie für eine EA80-Show üblich, keinen Vorverkauf gab, waren wir nach einiger Zeit blinden Herumirrens und Verlaufens nicht nur Oberhausens kundig (das passiert, wenn mensch den falschen Ausgang aus dem Bahnhof nimmt und der Beschreibung dann folgt…), sondern natürlich immer noch viel zu früh. Und da auf der Autobahn Stau war, musste auch niemand auf uns warten. Vereint saßen wir dann in der letzten Abendsonne vorm JuZe Druckluft. Drinnen stimmten EA80 schon einmal zum Soundcheck an und zwischen schrägen Tönen und Geschrammel wurde gemutmaßt, ob und welches EA80-Stück da grad geprobt wird. Aus Solidarität zur Fahrerin den Abend alkoholfrei begossen und zu Beginn The Italian Stallion aus der Nähe von Mönchengladbach gegeben. Die machen ziemlich harten Punk, nach Myspace-Selbstdarstellung Punk/HC/Thrash, passt auch. Ich fand sie sehr gut, eine mehr als passende Vorband und da ich deutschpunklastigen Hardcore sowieso groß finde und so unkonventionell daherkommenden noch mehr, haben sie mich für sich gewonnen. Geben wird es sie allerdings nur noch bis April 2008. Danach werden sie irgendwann Ende 2008 unter anderem Namen weitermachen. Viel Glück dafür.
Aber der Abend war einer anderen Band gewidmet. EA80. Ihre (je nach Zählweise) 11.-13. Platte „Reise“ war gerade frisch aus dem Presswerk und auf dem Weg nach Oberhausen konnte ich mich so langsam mit ihr anfreunden. Eben ein Konzeptalbum – was erst auf der Reise Sinn macht. Dem entsprechend waren viele Lieder auf dem Konzert auch vom neuen Album. Und um es vorher zu sagen: Sie haben alles gespielt, was ich lang ersehnt hatte und alle Erwartungen bei Weitem übertroffen.
Und diese Erwartungen waren unglaublich hoch. Seit den prägenden Jahren meiner Jugend begleiten sie mich und bilden mit Fliehende Stürme seit Ewigkeiten die Grundfesten meiner musikalischen Welt. Ich weiß nicht, wie viele Jahre ich sie damals bereits kannte. Ein halbes Jahrzehnt aber auf alle Fälle. Da sie in der Auswahl ihrer Konzertorte jedoch oft auf Nordrhein-Westfalen beschränkt bleiben und ich leider am anderen Ende Deutschlands wohne, hatte ich vorher noch nie das Vergnügen. Aber diesmal musste es sein.
Es war unglaublich. Befreiend. Beglückend. Rauschend. Mir fallen gar nicht genügend Worte ein, um ihre Wirkung auf mich auch nur annähernd zu beschreiben. Wenn so ein Lied wie „Nimmer geh beiseit“ bereits seit Jahr und Tag ein ständiger Begleiter ist und plötzlich direkt vor dir auf der Bühne - nicht nur gespielt, sondern – zelebriert wird, dann muss das zwangsläufig ekstatisch enden. Es waren so viele Erinnerungen, so viele Träume, so viele Großartigkeiten und Dunkelheiten, die mit diesen Songs verbunden waren und alle kamen sie wieder, verschmolzen in einem treibenden Beat plus einem Hauch Dilettantismus und ganz viel Punk, so wie er heute nur noch selten verstanden wird.
Nach der Hälfte der Stücke ging es erstmal in eine siebenminütige Pause (werden halt auch nicht jünger, 2009 ist immerhin das dreißigjährige Bandjubiläum), um dann ein weiteres Mal aufzutrumpfen. Irgendwann war es dann vorbei. Eine halbe Ewigkeit und viel zu kurz. Zuviel um es alles fassen zu können. Zu groß, um es zu realisieren. Zitternd und völlig ohne klaren Gedanken verließ ich den Ort des Geschehens und kam erst am Bahnhof so langsam wieder zu mir. Da war es also. Das zweite Erlebnis des erstmaligen Sehens einer langjährigen Lieblingsband. Wie schon beim ersten Mal eine mehr als prägende Erfahrung.
Sie spielten (mindestens und ungeordnet):
200m und danach, Rückfahrschein, Zum Ausgangspunkt, Tunnel, Sommerjugend, Manchmal, Zeitmaschinen, All das, Schein-Bar, Licht!, Nimmer geh beiseit, Narbentage, Nicht mit dir, Guru Mosh, Big Ben, Ein Tag an meinem Fenster
(Notiz: dieser Artikel wurde erst nen halbes Jahr danach geschrieben)