Ein kräftiger Schluck aus der dunkelbraunen Flasche mit dem Sternburg-Export-Emblem, dessen Inhalt das Sinnbild des Abends werden sollte. Schal, ungewohnt bitter und vermutlich über dem Verfallsdatum, doch zu bekannt und wohl nur eine einzelne Geschmacksverirrung - nichts was die Verbundenheit so leicht ausmerzen könnte. Das nächste Mal wird es halt besser.
Ja, das wäre ein schönes Bild, doch es ist mehr ein Wunsch, denn Realität. Nicht für das Bier, aber für das Konzert. Und die folgenden.
Viele Schritte waren schon in der lauen Kreuzberger Nacht verklungen, bis meine Begleiterin das Schweigen brach: "Wir haben unsere Kleingeldprinzessin verloren". Ich stimmte ihr ohne Zögern zu.
Das Lido, unweit vom Schlesischen Tor, ließ durch mangelndes Organisationsgeschick bereits im Vorfeld jede Vorfreude von der Skala stürzen. Kurz vor offiziellem Konzertbeginn zog sich eine lange Schlange von Wartenden durch die Straßen. Karteninhaber_innen durften sich darin auch einreihen, bis andertalb Stunden nach Einlassbeginn endlich auch wirklich Menschen hineingelassen wurden - bevorzugt jene mit Tickets. Zum Glück trieb mich mein Bauchgefühl zwei Tage vorher in den Ticket-Shop, allerdings kann ich mich mit so einem Diskotheken-Stil überhaupt nicht anfreunden. Security-Monster, lange Warteschlangen, Menschenmassen - und die Art der Zusammensetzung des Publikums, nein, das war nicht meine Welt. War ich die vergangenen Wochen und Monate fast nur auf subkulturellen HC- und Punkkonzerten unterwegs, wurde mir schnell wieder bewusst, warum das so war. Linksliberales, bürgerliches Gutmenschentum zwischen 20 und 30, welches schön am Geisteswissenschaften studieren ist und zwischen parteigebundenem hochschulpolitischem Engagement, Greenpeace-Solidarität und Fair-Trade-Kaffee eine bessere Welt herbeihalluziniert für die sie alle nicht im Geringsten bereit sind, den Preis zu zahlen. Das beste Beispiel mag wohl Dotas "Immer die Andern" gegeben haben. Jene, die am Lautesten mitgeschrieen haben, werden wohl selbst dem beschriebenen Verhalten folgen. Ich schwieg. Auch weil ich wusste, dass ihr Lied nicht nur das von mir angefeindete Restpublikum trifft - auch wenn ich meine, dass ich schon etwas weiter als jene sein mag.
Wie dem auch sei. Die Dota, die war so wie immer. Es war sehr hübsch anzuschauen, was sie da fabriziert hat, aber es waren auch die selben Ansagen wie jedes Mal. Diesmal ein wenig abgewandelt, da es die neue Tour war.
Was mich an ihren Konzerten und Liedern immer so unglaublich ins Schwärmen bringt, sind ihre Texte. Sie geht so unglaublich virtuos mit der deutschen Sprache um, wie kein_e Zweite_r. Es ist einfach atemberaubend, wie sie Worte kreiert und aneinanderreiht und Bilder erschafft, die nicht nur zauberhaft und originär, sondern auch plastisch und nachfühlbar sind. Sie ist eine wahrhafte Künstlerin. Umso bedauerlicher, dass ihr Klientel immer mainstreamiger wird. Umso bedauerlicher, dass diese Tendenz in ihren Liedern auch ebenso angelegt ist.
Dass auch ihre neuen Lieder - die anlässlich der Record-Release-Show - auch wieder den hohen Standards entsprechen, ändert nichts daran, dass sie in meinen Ohren eine Nuance kälter klingen. Sie sind schön - keine Frage - aber nicht so schön, als dass ich mir die CD hätte kaufen wollen. Nein, irgendwie ist es nicht mehr dasselbe.
Und das eine Lied, welches ich vorm Einschlafen und nach dem Aufwachen im Kopf hörte, ist laut ihrer Aussage nicht mal auf der CD enthalten und noch nicht mal aufgenommen. Schade, denn es war wirklich wunderschön. Und einer der wenigen Gründe ihr noch immer die Treue zu halten.
Die Lieder gingen ins Land und irgendwann kam dann auch schon "öffentlicher Nahverkehr" als Zugabe und Dota und die Stadtpiraten waren hinter der Bühne verschwunden.
Alles in allem ein wirklich miserabler Abend.
Ich hoffe mein Bild wird irgendwann einmal wieder positiver.
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