Samstag, 12. Juli 2008

Unterwegs in Sachen Punkrock - III. Kemnader Chaosfestival

Was gibt es für eine bessere Einleitung als:

"5 Punks und ein Fahrschein, Dosenbier
und Rotwein so brechen wir auf.
Ein Prost auf die Bahn, denn sie läßt uns fahr'n
Und wir sind gut drauf" (Terrorgruppe)

?

Ok, wir waren zu zehnt, aber die Grundaussage bleibt dieselbe. Morgens um acht mit Dirrrty Sanchez from Outta Space in Berlin aufgebrochen, vorher beim Späti noch das Portemonnaie geleert und ab ginga. Magdeburg. Braunschweig. Bielefeld. Bochum. Bus. Brücke. Aufm Weg viel Bier gekillt, lustige bis seltsame Begegnungen gehabt und Paderborner als Sterni-Methadon entdeckt und trotz der Andersartigkeit in seinen Vorzügen gepriesen.

Wie gesagt, war da noch eine Brücke (nach dem der Bus ewig durch Bochum gefahren ist...sind dort die Busse einfach langsamer oder fahren die drei Mal im Kreis, um den Eindruck einer Weltstadt zu suggerieren?) und drunter schrammelte sich schon eine Punkband warm. Das war die Obrichkait von der ich aber bis auf ein wenig drögen D-Punkbrei nicht viel mitbekommen hab. Lieber an der Ruhr chillen und die letzten Sonnenstrahlen genießen. Und Klischees über Bord werfen. Hier Bochum, dort Dortmund und dazwischen ganz viel Grün, was sich schon fast Natur schimpfen kann. Nur die Flugzeuge und die Autobrücke passen dann doch wieder.

Lustig auch die Menschen dort. Punks, die schon seit dreißig Jahren dabei sind. Antifa/Antispe-Menschen. Junge Punks. Oi-Skins. Und allerlei wunderliche Gestalten. Angenehme Mischung, mit Paderborner runtergespült. Pegel gehalten und ausgebaut zu Nuke Strike, welche die prolligsten HC-Elemente mit Punkrock verbanden und naja..."ganz nett"...waren. Also nichts sonderlich Besonderes, unter der Brücke hats aber ordentlich gescheppert, was dem Ganzen dann doch sehr geholfen hat. Laut wars jedenfalls.

Danach irgendwann Hiroshima mon amour, die schon mehr Stimmung gemacht haben bzw. richtig gut waren. Ältere Herren, gute Musik (verbunden mit dem nötigen Gitarren-Know-How) und angenehme Grundstimmung. Wenn da nicht noch das (unvermeidliche...) Rio-Reiser-Cover gekommen wäre und sie nach eben jenem gefühlte und praktisch durchgeführte 15 Zugaben gespielt hätten, wären sie schon sehr schick gewesen. Aber: dass sie in diesem Rahmen aufgetreten sind und für lau so ne Show abgeliefert haben, Respekt. Hat mir gefallen.

Ja, und dann kamen die Sieger_innen der Herzen und Gipfelstürmer_innen der Musikalität.
Prosecco-Tunten-Schlager-Punk. Vom Feinsten. Großartige Kostüme von der Kittelschürze über die blonde Perücke, zum Cocktailkleid, Lippenstift und feschem Bart. Da war alles echt...toll inszeniert. Gassenhauer wie "Beiß nicht gleich in jeden Apfel" oder "Liebeskummer lohnt sich nicht" mischten sich da mit illustren Geschichten über das Geheimnis des langen Lebens von Queen Mum (ihr gnadenloser Gin-Konsum...woraufhin auch das Publikum dieses Lebenselixier zu kosten bekam), darüber, dass das Wollschwein weder hier noch woanders zur Fleischverarbeitung bestimmt ist (auf niederländisch! Wolvarken is keen Salami...oder so ähnlich) und und und. Da reihte sich Klassiker an Klassiker und das Publikum johlte und tanzte außer sich vor Ekstase.

Ach ja, dass es ihr erster Auftritt war, erwähnte ich bereits? Jedenfalls war es auch fernab jeder Lobhudelei ein sehr schöner Gig und es hat mich sehr gefreut, dass das Feedback so positiv ausgefallen ist.

Mit halbwegs wärmenden Lagerfeuer und der Sehnsucht nach nem Bett ging es dann gegen vier mit dem Nachtbus zurück in die Bochumer Innenstadt. Um im Bahnhof irgendwelchen Quelle-Katalog-Bestellern (in Berlin heeßt dit "Opfer") beim sich gegenseitig verkloppen zuzuschauen. Anthropologie live. Noch schnell ne Pommes vom Imbiss geholt und dann am Bahnsteig schlottern. Stimmung grummelnd. Übermüdet. Frierend. Dann Dortmund. Bielefeld. Braunschweig. Magdeburg. Berlin. Sonntagnachmittag um drei. Wochenende wat willste mehr?

Wiederholenswert.




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