Ist mittlerweile ja auch schon wieder ewig her. Trotzdem jetzt noch das Review. Vorausschickend sei zu erwähnen, dass dies mal wieder einer jener Abende war, die noch lange nachwirken und Erinnerungen produzieren, deren Bewahrung noch lange Kraft spendet. Also einer von den ganz großen. Auch wenn Tesa aus Riga alles übertrumpfte, so war die Mischung der Bands davor auch ein verdammt guter Ausgangspunkt dafür.
Die Scharni38 kannte ich bisher hauptsächlich vom Schnarup-Thumby, die Kneipe, die ebenfalls darin beheimatet ist und ihren vormals großartig trashigen multisexuellen Parties. Leider sind die jetzt musikalisch hauptsächlich mit Elektro-Kram statt Alltime-Trash und Hits gefüllt. Trotzdem sehr nette Location, in der ich immer wieder gern bin.
Trotz viel zu spät da sein, waren wir zu früh. Aber das ist ja nicht ungewöhnlich.
Den Anfang machten dan irgendwann Sugartown Cabaret. Emocore aus Frankreich und sehr angenehm. Mochte sie auf Anhieb, die Musik ist einfach mindestens genauso gut wie deren Zurschaustellung, alles passte, gelungener Auftakt. Texte kenn ich natürlich keine.
Who's my saviour aus Rostock machten so ne Art Death Metal, der irgendwie aufgesetzt und viel zu lieb und durch völlig deplazierte Knüppelpassage mehrlustig denn bitterböse wirkte.
Insuiciety hab ich ja nun auch schon mehrfach gesehen und fand sie auch an diesem Abend wieder fein, wobei ich teilweise sogar Zugang zu ihrem neuen Material gefunden habe, was metallischer und weniger Sludge als noch das alte (tolle) Zeugs daherkommt.
Die drei ersten Bands habe ich jetzt nur im Schnelldurchlauf vorgestellt, weil sie zwar für einen netten Abend sorgen konnten, aber nie auch nur ansatzweise das hätten ersetzen können, was nun folgte.
Silards ist ein Nebenprojekt von Tesa. Selber Drummer. Ob die beiden anderen auch bei Tesa sind, weiß ich grad nicht. Jedenfalls noch ne Heimorgel und ne Gitarre und komplett instrumental. Und komplett tanzbar. Sehr beschwingt und positiv das Ganze. Ich mochte es sehr, hat dem spät gewordenen Abend wieder neues Leben eingehaucht. War sehr schön, wenn auch noch lange nicht so athmosphärisch wie Tesa.
Ein schlagzeugspielender Kumpel kam den ganzen Auftritt über nicht klar, was der Drummer da hinlegte. Und ich konnte in Ansätzen nachvollziehen was er meinte. Schlagzeugeinlagen übelster Sorte und dazu noch die Vocals - Respekt. Naturtalent, gute Übung, was auch immer, mir egal, aber der war richtig großartig.
Vermutlich war es genau der souverän geführte, extrem abwechslungsreiche Rhythmus, der dazu führte, dass Tesa in Tiefen vordrangen, die ich sonst den wenigsten Bands, die nach Screamo-Art Musik machen, zusprechen würde. Aber vielleicht kenn ich mich in dem Sektor auch nur zu wenig aus. Envy aus Japan ist immer mein schlecht passender Vergleich, der unter Umständen helfen kann, ein wenig der Wirkung Tesas zu erklären, wenn mensch die noch nie gehört hat. Nicht ganz so episch und auch nicht so (wut)ausbruchlastig, dafür mindestens ebenso in sich ruhend und alles in sich aufnehmend. Musik, die zum versinken einlädt. Die Lieder gingen entweder ineinander über oder waren kaum zu trennen. Keine Ansagen. Augen zu und reingelegt. Abschweifende Gedanken und Bilder glücklicher Tage im Kopf, flossen die Ströme der Erinnerung im Verlauf der Melodien vor sich hin und wuchsen mit der Intensität der Musik.
Ihre Myspace-Seite nennt unter anderem als Einflüsse Isis, Converge und Sigur Ros woran schon zu sehen ist wie weit gefasst das Spektrum und wie tief die Abgründe sind, welche Musik mit diesen Eckpfeilern beinhaltet.
Wie lange sie gespielt haben, kann ich im Nachhinein kaum sagen, auch nicht was und wie und so weiter. Weil es empfindungsmäßig in einer anderen Realität angesiedelt war. Eine, in der es nicht ums aufnehmen und realisieren, sondern ums verschmelzen und sich Verlieren geht. Und genau das ist passiert. Fühl mich grad als würde ich über Trance oder irgendwelche andere Elektro-Mucke schreiben, aber vielleicht sind die Erfahrungen auch gar nicht so unterschiedlich. Nur, dass sie zu mehreren Zugaben gezwungen wurden und dass das bei ner Band wie Tesa heißt, dass sie mal eben ne halbe bis dreiviertel Stunde länger spielen müssen. Die Armen waren am Ende total erschöpft und es war auch schon halb fünf oder so.
"Mal wieder" (hehe) eines dieser bewusstseinserweiternden Konzerte und obwohl ich Tesa schon einmal gesehen habe, fand ich sie diesmal noch beeindruckender und tiefergehender.
Glatte Fünf von Fünf für den Abend.
Freitag, 24. Oktober 2008
Tesa, Silards, Insuiciety, Who's my saviour, Sugartown Cabaret in der Scharni 38
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